Das Fehlen einer dauerhaften Unterkunft begründet typischerweise eine Situation extremer materieller Not, meint das Verwaltungsgericht Braunschweig in seinem Beschluss vom 15. Juni 2023 (Az. 2 B 140/23). Die Annahme einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung könne nicht verneint werden, indem anerkannte Schutzberechtigte darauf verwiesen würden, zeitweise Notschlafstellen in Anspruch zu nehmen oder in informellen Siedlungen zu kampieren.
Die Entscheidung des VG Braunschweig betrifft die Situation in Griechenland, ist vom Gericht aber sicherlich umfassender gemeint. Insbesondere setzt sich das Gericht ausführlich mit der gegenteiligen Ansicht des OVG Koblenz in seinem Italien betreffenden Urteil vom 27. März 2023 (Az. 13 A 10948/22) auseinander. Die Wertung durch das OVG Koblenz entbehre jeder sachlichen Grundlage und widerspreche der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Das OVG gehe offenbar davon aus, dass es anerkannten Flüchtlingen zumutbar sei, ein Leben auf der Straße zu führen, sofern sie die Nächte dabei gelegentlich in Notschlafstellen verbringen können. Im Übrigen hätte das OVG seiner Entscheidung eine unzutreffende Definition von Obdachlosigkeit zugrunde gelegt, denn diese sei, im Gegensatz zum weiteren Oberbegriff der Wohnungslosigkeit, davon gekennzeichnet, dass Menschen im öffentlichen Raum wie beispielsweise in Parks, Gärten, U-Bahnhöfen, Kellern oder Baustellen übernachten müssten.
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