Anerkannten-Folgeanträge sind Folgeanträge

Das Verwaltungsgericht Hamburg ändert seine bisherige Rechtsprechung (siehe dazu etwa HRRF-Newsletter Nr. 146) und geht in seinem Beschluss vom 14. August 2024 (Az. 12 AE 3050/24) nunmehr davon aus, dass sogenannte Anerkannten-Folgeanträge zwar keine Folgeanträge im Sinne der EU-Asylverfahrensrichtlinie sind, weil sie nicht auf ein Asylverfahren folgen, in dem ein Schutzersuchen inhaltlich geprüft wurde, dass aber die §§ 29 Abs 1 Nr. 5, 71 AsylG auf solche Anträge dennoch anwendbar sind, nämlich im Wege der Analogie. Die Voraussetzungen für eine Analogie lägen vor, weil die EU-Asylverfahrensrichtlinie nicht den Fall regele, dass ein Schutzsuchender, dessen Asylantrag in einem Mitgliedstaat wegen der Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat bestandskräftig als unzulässig abgelehnt worden sei, im erstgenannten Mitgliedstaat einen erneuten Asylantrag stelle. Diese Regelungslücke sei auch planwidrig, weil davon auszugehen sei, dass der europäische Richtliniengeber diese Fallkonstellation bei Erlass der Richtlinie schlicht übersehen habe. Es sei nicht vorstellbar, dass der Richtliniengeber Anerkannten-Folgeanträge nicht ebenfalls in die Regelungen zu Folgeanträgen einbezogen hätte, wenn er sich ihrer nur bewusst gewesen wäre.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Newsletter

  • Fortdauernde Flucht

    Ein allgemeiner Erfahrungssatz besagt, dass man zu jeder migrationsrechtlichen Frage Entscheidungen von mindestens zwei Gerichten finden kann, in denen zu dieser Frage gegensätzliche Rechtsauffassungen vertreten werden. Das Verwaltungsgericht Berlin probiert in dieser Woche aus, ob man das nicht auch innerhalb des Gerichts hinkriegt: Die 37. Kammer…

    Weiterlesen..

  • Contra mundum

    Es geht in dieser Woche um die vom französischen Asylgerichtshof angenommene Gruppenverfolgung von Palästinensern im Gazastreifen, um Gefahren in der Zentral- und Westukraine, die das Verwaltungsgericht Berlin für nicht beachtlich hält, und um mögliche Kampfeinsätze in der Ukraine als Gefahr für russische Wehrpflichtige, über die sich…

    Weiterlesen..

  • Schwierige Verhältnisse

    Die Rechtsprechung im Asyl- und Migrationsrecht wird gefühlt auch jede Woche politischer. Das liegt wohl weniger an den Gerichten als vielmehr an der neuen Bundesregierung, die mit juristisch zweifelhaftem Aktionismus aufwartet und aufwarten lässt. In dieser Woche geht es dementsprechend um Zurückweisungen, die vielleicht gar keine…

    Weiterlesen..

  • Fiktiver Aufenthalt

    Was tut die italienische Regierung mit einem leerstehenden Migrationszentrum in Albanien, in dem sie keine Schutzsuchenden unterbringen (d.h. inhaftieren) kann, weil die italienischen Gerichte Einwände haben? Sie widmet das Zentrum einfach in eine Abschiebungshaftanstalt um. Ärgerlich nur aus Sicht der Regierung, dass die italienischen Gerichte schon…

    Weiterlesen..

  • Restriktivere Handhabung

    Mal wieder eine Dublin-Woche im HRRF-Newsletter, in der darum geht, ob die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils einem neuen Dublin-Bescheid im Wege steht (ja), ob Dublin-Überstellungsfristen durch gerichtlichen Eilrechtsschutz unterbrochen werden (man ist sich nicht einig) und ob Schutzberechtigten in Griechenland Menschenrechtsverletzungen drohen (man ist sich ebenfalls…

    Weiterlesen..

ISSN 2943-2871