Die 1a. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen geht in ihrem Urteil vom 9. Juli 2025 (Az. 1a K 3185/24.A) in eine ähnliche Richtung wie kürzlich das Verwaltungsgericht Düsseldorf, wenn sie annimmt, dass Abschiebungsanordnungen nach Italien derzeit rechtswidrig sind, weil nicht im Sinne von § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Soweit das Oberverwaltungsgericht Münster im Mai 2025 angenommen habe, dass die tatsächliche Durchführbarkeit einer Abschiebung lediglich im Rahmen des Dublin-Überstellungsverfahrens zu erörtern sei, vermöge dies dogmatisch nicht zu überzeugen. Es sei bereits nicht erkennbar, weshalb Fragen des Überstellungsverfahrens jedenfalls dann keinen Einfluss auf die tatsächliche Möglichkeit der Überstellung haben sollten, wenn sie von einem solchen Gewicht seien, dass sie eine Überstellung auf unabsehbare Zeit faktisch ausschlössen. Zwar habe der Gesetzgeber die generelle Nichtanwendung von § 34a Abs. 1 S. 1 AsylG ersichtlich nicht bedacht, die gleichwohl in § 34a Abs. 1 S. 4 AsylG explizit vorgesehene Möglichkeit der Abschiebungsandrohung für den Fall, dass eine Abschiebungsanordnung nicht ergehen könne, stehe insoweit aber einer Rechtsfortbildung zur Schließung einer etwaigen planwidrigen Regelungslücke im Hinblick auf eine vom Gesetzgeber so nicht antizipierte Konstellation entgegen.
In dem Urteil übernimmt die Kammer zwar „zur Wahrung der Rechtseinheit“ die Bewertungen des Bundesverwaltungsgerichts von November 2024 und des Oberverwaltungsgerichts Münster von Mai 2025 zur Frage des Vorliegens systemischer Schwachstellen in Italien, spart aber nicht mit Kritik an den beiden Urteilen, die es „nicht in jeder Hinsicht für überzeugend“ hält. Zu den Folgen ihres Ansatzes, (nur) die Abschiebungsanordnung aufzuheben, meint die Kammer, dass die Entscheidung über die Zuständigkeit für den Asylantrag des Betroffenen erst mit Ergehen der Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen werde und auch die sechsmonatige Überstellungsfrist erst ab diesem Zeitpunkt laufe (Rn. 87). Die Differenzierung im Hinblick auf den Lauf der Überstellungsfrist, die das Verwaltungsgericht Düsseldorf unlängst vorgeschlagen hat, spricht sie dagegen nicht an.
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