Wenn Behörden eine Person zum Zwecke der Abschiebung in ihrem Zimmer einer Gemeinschaftsunterkunft aufsuchen, dann handelt es sich um eine Wohnungsdurchsuchung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 GG und muss demnach ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vorliegen, sagt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 30. September 2025 (Az. 2 BvR 460/25), solange vor Beginn der Maßnahme keine sichere Kenntnis über den konkreten Aufenthaltsort der zu ergreifenden Person besteht. Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Durchsuchungsbegriffs in Abhängigkeit vom jeweiligen Verlauf der behördlichen Maßnahme, zudem in einer Rückschau, bilde demgegenüber kein tragfähiges, zuverlässiges Kriterium für die Abgrenzung einer Durchsuchung von einem bloßen Betreten einer Wohnung: Es führe zu zufälligen Ergebnissen, eine tatsächlich vorgenommene und nach außen als solche erkennbare physische, also qualifizierte Suchhandlung zu fordern, was mit dem Schutzzweck des Richtervorbehalts nach Art. 13 Abs. 2 GG unvereinbar sei. Am Element des Suchens könne es insbesondere nicht deshalb fehlen, weil etwas in den Räumlichkeiten offen zu sehen sei, weil es Betroffene ansonsten auch in gewisser Weise durch ihr Verhalten in der Hand hätten, noch während der laufenden behördlichen Anwesenheit in der Wohnung den Richtervorbehalt auszulösen (nämlich durch das Verstecken von Gegenständen oder Personen).
Der Beschluss des Bundesverfassungsgericht, mit der einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Wohnungsdurchsuchung in Berlin im September 2019 stattgegeben wurde, setzt einen Schlusspunkt unter die seit Jahren umstrittene Frage, wie genau der Begriff der Wohnungsdurchsuchung in Art. 13 Abs. 2 GG zu definieren ist, der HRRF-Newsletter hatte zahlreich (etwa hier, hier, hier oder hier) berichtet. Klare Leseempfehlung für diesen Beschluss, der trotz der Komplexität der rechtlichen Ausführungen gut verständlich ist. Das Verfahren wurde durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt, das Bundesverfassungsgericht hat zu seiner Entscheidung am 20. November 2025 auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.


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