Das Landessozialgericht Halle erinnert in drei aktuellen Beschlüssen daran, dass die Sanktionsnorm des § 1a Abs. 3 AsylbLG mit Blick auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG restriktiv auszulegen ist, und dass Leistungs- und Ausländerbehörden darum diverse Pflichten zur Klarstellung haben können, bevor sie einen Ausländer wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht sanktionieren. Es könne im Einzelfall geboten sein, den Betroffenen bei Vorlage eines sonstigen Identitätspapiers im Original darüber zu informieren, ob hierdurch die Mitwirkungspflicht zur Identitätsklärung erfüllt sei oder nicht (Beschluss vom 30. Oktober 2025, Az. L 8 AY 26/25 B ER). Wenn sich bei einer Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung die konsularische Vertretung des Herkunftsstaates des Betroffenen im Ausland befinde und der zuständige Konsul nur gelegentlich nach Deutschland reise, sei die Ausländerbehörde verpflichtet, dem Ausländer hinreichend konkret aufzugeben, welche Dokumente er an welchem Ort vorlegen, beantragen oder auf sonstige, stets präzise erläuterte Art und Weise beschaffen solle (Beschluss vom 17. November 2025, Az. L 8 AY 10/25 B ER). Sei die Botschaft des Herkunftsstaates in der Bundesrepublik geschlossen, könne es im Einzelfall geboten sein, dass die Ausländerbehörde einen vollziehbar Ausreisepflichtigen hierüber informiere und konkret darlege, welches Verhalten von ihm verlangt werde (Beschluss vom 19. November 2025, Az. L 8 AY 21/25 B ER).
Während es im Beschluss vom 30. Oktober um eine Klarstellung dahingehend ging, ob eine Handlung des Ausländers seine Mitwirkungspflicht erfüllt hatte oder nicht, bezogen sich die vom Gericht in den beiden anderen Verfahren geforderten Klarstellungen auf einen logisch früheren Zeitpunkt, nämlich den der Pflichtendefinition. Die Pflicht zur Klarstellung ist dann etwas wie eine Art Pflicht der Behörde, sich verständlich, präzise und konkret zu äußern. Was aber soll genau passieren, wenn eine Behörde dieser Pflicht nicht nachkommt? So ganz klar ist das dem Gericht dogmatisch wohl nicht, weil es in seinem Beschluss vom 17. November davon auszugehen scheint, dass der Ausländer dann keine Mitwirkungspflicht hat (Rn. 58: „[..] geht auch die Aufforderung [..] ins Leere.“), in seinem Beschluss vom 19. November aber mit Zurechnungsgesichtspunkten arbeitet (Rn. 65: „[..] kann eine Pflichtverletzung nicht dem Antragsteller zugerechnet werden.“)


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