Eine Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung gemäß § 16g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG muss gegen den Wortlaut der Norm auch dann erteilt werden, wenn ein Asylantrag des Betroffenen nicht abgelehnt, sondern von ihm zurückgenommen wurde, sagt das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem in einem Eilverfahren ergangenen Beschluss vom 5. Mai 2025 (Az. 1 K 1259/25). Eine allein am Wortlaut der Norm orientierte Auslegung werde weder der Absicht des Gesetzgebers noch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung gerecht, da Personen, die ihren Asylantrag zurückgenommen hätten, eine Aufenthaltserlaubnis auch nach § 16g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG nicht erhalten könnten, weil sie ihre Ausbildung nicht nach Erhalt einer Duldung, sondern bereits zuvor aufgenommen hätten, als sie noch in Besitz einer Aufenthaltsgestattung waren. Bei einer am Wortlaut der Norm orientierten Gesetzesauslegung müsste der Antragsteller also die bereits begonnene Ausbildung beenden und nach Erhalt einer Duldung ein neues Ausbildungsverhältnis beginnen, um dann in den Genuss einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG kommen zu können. Dieses dem Gesetzeszweck zuwiderlaufende Ergebnis könne der Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt haben.
Der lesenswerte Beschluss arbeitet sehr ausführlich und überzeugend heraus, wie das Gericht zu seinem Auslegungsergebnis gelangt ist, und zeigt anschaulich, dass angesichts der (mitunter zweifelhaften) Qualität der jüngeren migrationsrechtlichen Gesetzgebung der Wortlaut einer Norm nicht immer maßgeblich ist.
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