Das Verwaltungsgericht München meint in seinem Beschluss vom 21. April 2023 (Az. M 19 S 23.50316), dass das bloße Nachsuchen um Asyl gemäß § 19 Abs. 1 AsylG noch keinen Asylantrag im Sinne der Dublin-III-Verordnung darstellt, weil diese einen „förmlichen Asylantrag“ voraussetze. Das hat unter anderem zur Folge, dass Bestimmungen wie Art. 10 Dublin-III-VO, wonach der Mitgliedstaat, der den Asylantrag eines Familienangehörigen prüft, auch für weitere Familienangehörige zuständig ist, keine Anwendung findet.
Hier hat das VG München sich jedenfalls die Frage nicht gestellt, ob ein Nachsuchen um Asyl im Sinne des deutschen Asylgesetzes nicht bereits die Anforderungen an einen „Asylantrag“ im Sinne des EU-Sekundärrechts erfüllt: Die Dublin-III-VO verweist zur Definition eines Asylantrags auf die EU-Qualifikationsrichtlinie, die nicht zwischen formlosem und förmlichem Antrag differenziert; die EU-Asylverfahrensrichtlinie geht wohl davon aus, dass auch ein lediglich formlos gestellter Antrag, „bei dem davon ausgegangen werden kann, dass er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt“ (Art. 2 b) EU-Asylverfahrensrichtlinie), einen Asylantrag konstituiert, wie sich im Umkehrschluss aus Art. 6 Abs. 2 der EU-Asylverfahrensrichtlinie ergibt. In Hinblick auf die gebotene autonome Auslegung von EU-Sekundärrecht hätte hier jedenfalls irgendeine Auseinandersetzung mit dieser Materie nahegelegen.
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