Bundesverwaltungsgericht erläutert Vorgehen bei Tatsachenrevisionen

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Volltext seines Urteils vom 21. November 2024 (Az. 1 C 24.23) veröffentlicht, in dem es erstmals über eine Tatsachenrevision gemäß § 78 Abs. 8 AsylG entschieden hatte, nämlich zur Situation alleinstehender, erwerbsfähiger und nichtvulnerabler international Schutzberechtigter in Italien (siehe ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 172). Das Bundesverwaltungsgericht erläutert in seinem Urteil ausführlich, wie es den Prüfungsgegenstand einer Tatsachenrevision methodisch definiert und eingrenzt und anhand welcher Kriterien es die allgemeine asyl-, abschiebungs- und überstellungsrelevante Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat beurteilt; dabei soll unter anderem regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen besondere Bedeutung zukommen.

Zur Situation von Schutzberechtigten in Italien argumentiert das Gericht sehr ausführlich, aber durchaus spitzfindig, etwa wenn in Hinblick auf rechtswidrige Praktiken italienischer Behörden lapidar darauf verwiesen wird, dass Schutzberechtigte in Italien gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen könnten (Rn. 34) oder „administrative Hindernisse“ im Klageweg überwinden müssten (Rn. 72). Ebenso lapidar ist der wiederholte Verweis auf karitative, kirchliche und sonstige nichtstaatliche Einrichtungen, die scheinbar alle Defizite staatlicher Leistungsgewährung kompensieren können (etwa Rn. 42ff., 66, 75ff., 91, 98). Schwarzarbeit hält das Gericht für zumutbar, jedenfalls sofern sie für Schutzberechtigte als Arbeitnehmer nicht sanktionsbewehrt ist oder falls Sanktionen gegen sie jedenfalls tatsächlich nicht verhängt werden (Rn. 101). Am 16. April 2025 verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über zwei Tatsachenrevisionen zu Griechenland (Az. 1 C 18.24 und 1 C 19.24); so ganz einfach dürfte die Argumentation aus den Italien-Tatsachenrevisionen nicht auf Griechenland übertragbar sein.

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ISSN 2943-2871