Die WELT AM SONNTAG weiß am 21. September 2025 zu berichten (Paywall), dass das Bundesinnenministerium in Reaktion auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig aus dem Februar 2025 zur Rechtswidrigkeit anlassloser Befragungen vor Einbürgerungen (Urteil, Pressemitteilung) seine Anwendungshinweise zum Staatsangehörigkeitsgesetz Mitte August geändert hat, die nunmehr stets ein persönliches Gespräch zur Prüfung der inneren Überzeugung von Antragstellern vorsehen. Das entspricht der vom Verwaltungsgericht in dem dortigen Verfahren gerügten Verwaltungspraxis, die das Gericht mit dem Argument für rechtswidrig gehalten hatte, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen in den §§ 10, 11 StAG abschließend geregelt seien und dass eine anlasslose Befragung dort eben gerade nicht vorgesehen sei.
Der Artikel ist ein gutes Beispiel für tendenziösen und darum schlechten Journalismus, der gar nicht mehr versucht, politische oder rechtliche Zusammenhänge zu erklären. Gerichte und ihre rechtsprechende Tätigkeit, hier am Beispiel des Braunschweiger Urteils, werden als eine Art Chiffre für eine nicht genehme Rechtslage gesehen und adressiert, über die sich die Regierung quasi in exekutiver Notwehr hinwegsetzen darf. Das, so wird suggeriert, sei mehr als gerechtfertigt, weil nicht nur „viele Bürger [..] den Wunsch [haben]“, dass bei Einbürgerungen strenger geprüft werde, sondern auch deswegen, weil das Staatsangehörigkeitsgesetz systematische (d.h. anlasslose) Befragungen nur nach Auffassung „mancher Experten“ nicht vorsehe, die eine „sehr spezielle Rechtsauffassung“ verträten, und es ohnehin allerorten Missbrauch bei Einbürgerungen gebe. Außerdem kommt natürlich der Praktiker zu Wort, der das Urteil, und nicht etwa die Rechtslage, für „vollkommen praxisfern“ hält. Hier hätte man so viel mehr thematisieren und erklären können (und müssen).
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