Fortdauernde Flucht bei sporadischer Anwesenheit

Fortdauernde Flucht im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO ist auch dann anzunehmen, wenn eine Dublin-Überstellung zumindest zeitweise tatsächlich nicht durchgeführt werden kann, weil sich der Antragsteller nur sporadisch und unangemeldet in der ihm zugewiesenen Wohnung aufhält und der zuständigen Behörde sein tatsächlicher Aufenthaltsort im Übrigen unbekannt ist, meint das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 16. Juli 2025 (Az. 29 L 1924/25.A). Auch in einem solchen Fall sei die Überstellung des Ausländers faktisch unmöglich, da es vom Zufall abhänge, ob die zuständige Ausländerbehörde ihn antreffe oder nicht.

Die Konsequenz einer „Flucht“ im Kontext von Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO ist die Verlängerung der Dublin-Überstellungsfrist auf achtzehn Monate. Das Verwaltungsgericht geht etwas zu weit, weil Betroffene gerade nicht dazu verpflichtet sind, sich kontinuierlich für eine Abschiebung bereitzuhalten, und natürlich hängt es vom Zufall ab, ob die Behörde den Betroffenen antrifft, weil es sich nicht um eine Inhaftierung handelt. In dem Verfahren hat das Verwaltungsgericht offenbar vom Ergebnis her argumentiert, weil ein „Bewegungsprotokoll“ des Betroffenen über einen längeren Zeitraum erstellt wurde, aus dem seine häufige Abwesenheit hervorging. Rechtsgrundlage für solche Bewegungsprotokolle soll anscheinend § 86 AufenthG sein.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Newsletter

  • Fortdauernde Flucht

    Ein allgemeiner Erfahrungssatz besagt, dass man zu jeder migrationsrechtlichen Frage Entscheidungen von mindestens zwei Gerichten finden kann, in denen zu dieser Frage gegensätzliche Rechtsauffassungen vertreten werden. Das Verwaltungsgericht Berlin probiert in dieser Woche aus, ob man das nicht auch innerhalb des Gerichts hinkriegt: Die 37. Kammer…

    Weiterlesen..

  • Contra mundum

    Es geht in dieser Woche um die vom französischen Asylgerichtshof angenommene Gruppenverfolgung von Palästinensern im Gazastreifen, um Gefahren in der Zentral- und Westukraine, die das Verwaltungsgericht Berlin für nicht beachtlich hält, und um mögliche Kampfeinsätze in der Ukraine als Gefahr für russische Wehrpflichtige, über die sich…

    Weiterlesen..

  • Schwierige Verhältnisse

    Die Rechtsprechung im Asyl- und Migrationsrecht wird gefühlt auch jede Woche politischer. Das liegt wohl weniger an den Gerichten als vielmehr an der neuen Bundesregierung, die mit juristisch zweifelhaftem Aktionismus aufwartet und aufwarten lässt. In dieser Woche geht es dementsprechend um Zurückweisungen, die vielleicht gar keine…

    Weiterlesen..

  • Fiktiver Aufenthalt

    Was tut die italienische Regierung mit einem leerstehenden Migrationszentrum in Albanien, in dem sie keine Schutzsuchenden unterbringen (d.h. inhaftieren) kann, weil die italienischen Gerichte Einwände haben? Sie widmet das Zentrum einfach in eine Abschiebungshaftanstalt um. Ärgerlich nur aus Sicht der Regierung, dass die italienischen Gerichte schon…

    Weiterlesen..

  • Restriktivere Handhabung

    Mal wieder eine Dublin-Woche im HRRF-Newsletter, in der darum geht, ob die Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils einem neuen Dublin-Bescheid im Wege steht (ja), ob Dublin-Überstellungsfristen durch gerichtlichen Eilrechtsschutz unterbrochen werden (man ist sich nicht einig) und ob Schutzberechtigten in Griechenland Menschenrechtsverletzungen drohen (man ist sich ebenfalls…

    Weiterlesen..

ISSN 2943-2871