Dass unterschiedliche Kammern eines Verwaltungsgerichts, oder verschiedener Verwaltungsgerichte, unterschiedliche Auffassungen zur Situation anerkannter Schutzberechtigter in anderen EU-Staaten haben können, ist weithin bekannt. Ein wenig ungewöhnlich ist demgegenüber, dass die Richterinnen und Richter einer einzigen Kammer nicht nur unterschiedliche Auffassungen haben, sondern dies auch in parallel ergehenden Entscheidungen zum Ausdruck bringen. Bei der 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover ist das jedenfalls so, wenn es um die Situation nicht-vulnerabler Schutzberechtigter in Griechenland geht: Mindestens eine Einzelrichterin der Kammer meint, dass anerkannten Schutzberechtigten bei einer Rückkehr nach Griechenland derzeit keine erniedrigenden oder unmenschlichen Lebensbedingungen drohen (Urteil vom 17. Juli 2025, Az. 15 A 5204/25 sowie Beschlüsse vom 24. Juli 2025, Az. 15 B 6550/25 und vom 29. Juli 2025, Az. 15 B 6302/25). Gleichzeitig meint eine andere Einzelrichterin der Kammer, dass das Gegenteil richtig ist (Beschluss vom 21. Juli 2025, Az. 15 B 6309/25).
Einmal davon abgesehen, dass das Urteil vom 17. Juli bereits auf den zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht getroffenen Beschluss vom 21. Juli verweist, ist am Beschluss vom 21. Juli vor allem die deutliche Kritik an den Griechenland-Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts aus dem April diesen Jahres interessant: Das Bundesverwaltungsgericht habe den Amtsermittlungsgrundsatz nicht hinreichend beachtet, weil es die Feststellungen zuverlässiger Nichtregierungsorganisationen, dass griechische Obdachlosenunterkünfte überfüllt und für Schutzberechtigte kaum zugänglich sind, verworfen habe, ohne eigene Ermittlungen zu deren Auslastung und Zugänglichkeit anzustellen. Außerdem sei es rechtswidrig, dass Gerichte, die ihrerseits an Recht und Gesetz gebunden seien, geflüchtete Menschen zum Rechtsbruch animierten, indem sie sie darauf verwiesen, ihren Lebensunterhalt mit Schwarzarbeit in der Schattenwirtschaft zu verdienen, in der ohnedies prekäre Lebensbedingungen und Ausbeutung drohten.
Es ist so unglücklich wie spannend, dass eine Kammer eines Verwaltungsgerichts Meinungsunterschiede bei der Beurteilung der Situation anerkannter Schutzberechtigter in einem anderen EU-Staat offen austrägt. Relevanter ist aber der Umstand, dass die Griechenland-Urteile des Bundesverwaltungsgerichts offensichtlich nicht uneingeschränkt auf Zustimmung stoßen, siehe dazu auch die aktuellen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Oldenburg und des Verwaltungsgerichts Hamburg.
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