Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass von Slowenien wiederholt praktizierte Kettenabschiebungen ausgehend von Italien weiter nach Kroatien und Bosnien und Herzegowina auch als Vollzugspraxis von Slowenien geschlossener bilateraler Rückübernahmeabkommen zu verstehen sind, meint das Verwaltungsgericht München in seinem Beschluss vom 1. Februar 2023 (Az. M 10 S 22.50541, M 10 K 22.50538). Außerdem lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die derzeitige slowenische Asylgesetzgebung und die davon ausgehende slowenische Asylverwaltungspraxis gegen Kernvorgaben des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verstießen und insofern systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO darstellten. Es bedürfe im Hinblick auf die zur Verfügung stehende, nicht eindeutige Erkenntnismittellage näherer Aufklärung im Hauptsacheverfahren, ob Dublin-Rückkehrer aufgrund von Slowenien geschlossener bilateraler Rückübernahmeabkommen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefen, von Slowenien ohne Prüfung ihres Asylantrags in einen Drittstaat abgeschoben zu werden.
In einem Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 6. Februar 2023 (Az. M 19 E 23.50094) die Dublin-Überstellung einer Schutzsuchenden nach Ungarn in letzter Minute gestoppt. Es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Schutzsuchende in Ungarn infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der GRCh ausgesetzt wäre. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht in Hinblick auf eine von Ungarn übersandte Erklärung, dass das ungarische Asylverfahren und die Unterbringung in Einklang mit den Vorgaben des EU-Rechts stünden, weil die Erklärung allgemein gehalten sei und nicht konkret auf die Betroffene abstelle. Angesichts der Mängel des ungarischen Asylsystems erscheine die Verlässlichkeit dieser Aussage im Übrigens mindestens fragwürdig.
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 16. Februar 2023 (Rs. C-745/21) festgehalten, dass Art. 16 der Dublin-III-Verordnung, der die Dublin-Zuständigkeit regelt, wenn Schutzsuchende auf bestimmte Familienangehörige in einem Mitgliedstaat angewiesen sind, oder solche Familienangehörigen auf Schutzsuchende angewiesen sind, nicht auf Ehegatten von Schutzsuchenden anzuwenden ist, weil diese in Art. 16 nicht erwähnt werden. Auch das Verhältnis zwischen dem ungeborenen Kind einer Schutzsuchenden und ihrem Ehegatten werde nicht von Art. 16 erfasst. Art. 17 der Dublin-III-Verordnung verbiete es allerdings nicht, das Wohl eines ungeborenen Kindes im Rahmen der Prüfung eines Selbsteintrittsrechts zu berücksichtigen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 16. Februar 2023 (Az. 1 C 19.21) entschieden, dass das Auslesen digitaler Datenträger von Asylsuchenden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 15a AsylG nur dann verhältnismäßig und damit rechtmäßig ist, wenn dem BAMF keine milderen Mittel zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit zur Verfügung stehen. Zu solchen milderen Mitteln zählten etwa Dokumente, Registerabgleiche oder Nachfragen beim Sprachmittler zu sprachlichen Auffälligkeiten. Nur in dem Fall, dass nach Einsatz solcher milderer Mittel Identität und Staatsangehörigkeit nicht geklärt werden könnten, dürfe das Auslesen digitaler Datenträger angeordnet werden. Das BVerwG berichtet über sein Urteil in einer Pressemitteilung, der Volltext der Entscheidung ist noch nicht verfügbar.
In seinem Beschluss vom 8. Februar 2023 (Az. 3 L 825/22) hat das Verwaltungsgericht Dresden in einem Eilverfahren die Ausländerbehörde zur Erteilung von Duldungen an einen ausreisepflichtigen Betroffenen verpflichtet, der möglicherweise vom Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren wird. Die Ausländerbehörde hatte dem Betroffenen in Hinblick auf eine bevorstehende Abschiebung seit Sommer 2022 keine Duldungen mehr erteilt, abgeschoben wurde er jedoch nicht. In einem solchen Fall, so das VG, wären erneut Duldungen zu erteilen gewesen. Außerdem komme es für das Chancen-Aufenthaltsrecht nicht maßgeblich auf das Innehaben einer Duldung an, sondern auf das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen für eine Duldung.
Ein italienisches Gericht in Catania (Sizilien) hält in seinem Beschluss vom 6. Februar 2023 (Az. 14232/2022) ein italienisches Dekret vom 4. November 2022 für rechtswidrig, das es dem Rettungsschiff Humanity 1 untersagte, andere als in einer Notlage befindliche gerettete Schiffbrüchige in italienischen Häfen von Bord zu bringen. Das Dekret verletze insbesondere Italiens Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention.
In seinem Beschluss vom 12. Oktober 2022 (Az. 1 B 49.22) hat das Bundesverwaltungsgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde in einem Verfahren verworfen, in dem die Frage aufgeworfen wurde, auf welchen Ort im Herkunftsland eines Schutzsuchenden es für die Beurteilung des Bestehens einer Verfolgungsgefahr ankomme, weil die Frage nicht entscheidungserheblich sei.