Der Entzug oder die Versagung eines Aufenthaltstitels allein auf Grundlage einer nicht begründeten verbindlichen Stellungnahme einer mit Aufgaben der nationalen Sicherheit betrauten Fachbehörde (d.h. eines Inlandsgeheimdienstes) verstößt gegen EU-Recht, nämlich unmittelbar gegen Art. 20 AEUV und Art. 47 GRCh, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. April 2024 (Rs. C‑420/22 und C‑528/22). Vor der Entscheidung über den Entzug oder die Versagung müssten alle individuellen Umstände und die Verhältnismäßigkeit dieser Entscheidung gründlich geprüft werden; sofern die Entscheidung auf Informationen beruhe, deren Offenlegung die nationale Sicherheit des betreffenden Mitgliedstaats gefährden würde, verstoße es ebenso gegen EU-Recht, wenn der Drittstaatsangehörige oder sein Vertreter erst Zugang zu diesen Informationen erhielten, nachdem sie eine entsprechende Genehmigung erhalten hätten, ihnen nicht einmal der wesentliche Inhalt der Gründe mitgeteilt werde, auf denen solche Entscheidungen beruhen, und sie die Informationen, zu denen sie Zugang hätten haben können, jedenfalls nicht für Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren verwenden könnten. Sofern Unionsbürger aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses zu einem betroffenen Drittstaatsangehörigen gezwungen wären, das Gebiet der Europäischen Union als Ganzes zu verlassen, um einen Familienangehörigen zu begleiten, verbiete Art. 20 AEUV ebenso den Entzug oder die Versagung eines Aufenthaltstitels. Der Gerichtshof hat zu dieser Entscheidung auch eine Pressemitteilung veröffentlicht.
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