Die Klagebegründungsfrist des § 74 Abs. 2 S. 1 AsylG ist eine Höchstfrist und keine Mindestfrist, meint das Verwaltungsgericht Karlsruhe in seinem Gerichtsbescheid vom 18. November 2025 (Az. A 11 K 10781/25). Aus der Norm folge insbesondere keine Pflicht des Gerichts, mit einer Entscheidung über eine erhobene Klage bis zum Ablauf der Frist zu warten, weswegen eine Entscheidung vor Fristablauf auch regelmäßig nicht zu einer Verletzung des Rechts des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs führe und es im Ergebnis keine Mindestdauer eines Asylklageverfahrens gebe. Inhalt der Norm sei vielmehr, dass nach Ablauf der Frist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen verspätetes Vorbringen des Klägers zurückgewiesen werden könne.
Ausgangspunkt der Argumentation des Verwaltungsgerichts ist die Überlegung, dass § 74 Abs. 2 S. 1 AsylG („Der Kläger hat die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der [behördlichen] Entscheidung anzugeben.“) eine Präklusionsvorschrift sein soll, unter anderem deswegen, weil sie das Wort „mindestens“ nicht enthalte. Der dem Verwaltungsgericht im Instanzenzug übergeordnete Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat das allerdings im Sommer diesen Jahres genau anders herum entschieden (Beschluss vom 16. Juni 2025, Az. A 3 S 1037/25): Wenn ein Gericht vor Ablauf der Klagebegründungsfrist des § 74 Abs. 2 S. 1 AsylG entscheide, dann verletze es damit regelmäßig den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör. Gleichzeitig soll es aber auch Mitwirkungspflichten des Klägers geben, wenn eine rechtswidrige Entscheidung des Verwaltungsgerichts absehbar ist, etwa die, eine mündliche Verhandlung zu beantragen (Rn. 21), und soll die Berufung gegen solche Entscheidungen nur dann zuzulassen sein, wenn die Gehörsverletzung auch entscheidungserheblich war (Rn. 19f.). Das sei etwa nicht der Fall, wenn sich eine knapp zweiseitige Klagebegründung letztlich lediglich in „pauschalen Angriffen“ gegen die Entscheidung des Bundesamts erschöpfe.


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