Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24. April 2025 (Az. 1 BvR 1902/24) festgestellt, dass eine Kostenentscheidung des Sozialgerichts Darmstadt in einem Verfahren über die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG willkürlich war und die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt hat. In dem Verfahren hatte das Sozialgericht die Kosten einer Untätigkeitsklage der Beschwerdeführerin auferlegt, obwohl sie in der Sache obsiegt hatte, weil sie gegen das „Gebot der Rücksichtnahme“ verstoßen, insgesamt sieben Gerichtsverfahren aus dem Bereich des Asylbewerberleistungsgesetzes gegen den beklagten Landkreis geführt habe und sich der dadurch ausgelösten „Belastung des Landkreises“ bewusst gewesen sein müsse. Außerdem habe die Beschwerdeführerin ein Angebot des Landkreises abgelehnt, das Verwaltungsverfahren bis zum Abschluss eines beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens ruhend zu stellen. Nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts waren die Erwägungen des Sozialgerichts objektiv nicht nachvollziehbar und somit willkürlich. Insbesondere bilde die zeitgleiche Befassung mit mehreren Verfahren nur dann einen zureichenden Grund für eine Kostenentscheidung gegen einen in der Sache obsiegenden Leistungsberechtigten, wenn er die Verwaltung mit einer „Vielzahl“ von Verfahren „überziehe“. Bei sieben Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, die zudem teilweise unterschiedliche Leistungszeiträume betrafen, könne von einem „Überziehen“ mit einer „Vielzahl“ von Verfahren nicht die Rede sein. Es sei außerdem nicht erkennbar, dass diese sieben Verfahren besonders hohen Verwaltungsaufwand ausgelöst hätten.
Das Sozialgericht und der beklagte Landkreis waren durchaus kreativ beim Finden von Gründen, warum die obsiegende Beschwerdeführerin die Verfahrenkosten tragen sollte, nämlich unter anderem weil infolge des Ukrainekriegs eine kurzfristige und unvorhersehbare Arbeitsspitze entstanden sein sollte und weil die Einführung der elektronischen Akte zu einer Erhöhung des allgemeinen verwaltungsinternen Aufwands geführt habe. Das Bundesverfassungsgericht hat sich auch zu diesem Argumenten klar geäußert. Wichtiger sind aber wohl noch die Aussagen des Gerichts zu dem Argument, die Beschwerdeführerin hätte das Verwaltungsverfahren bis zum Abschluss eines beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens ruhend stellen können: Das sei ebenfalls nicht vertretbar und somit willkürlich, schon weil die ganz herrschende Auffassung in der sozialrechtlichen Rechtsprechung und Literatur generell davon ausgehe, dass ein Leistungsberechtigter dem Ruhen des Verfahrens nicht mit Rücksicht auf ein anhängiges verfassungsgerichtliches Verfahren oder ein anhängiges Musterverfahren zustimmen müsse.
Schreibe einen Kommentar