Das Bundesverwaltungsgericht informiert am 5. Juni 2023 in einer Pressemitteilung darüber, dass bei dem Gericht die erste Tatsachenrevision gemäß § 78 Abs. 8 AsylG eingegangen ist. § 78 Abs. 8 AsylG ist seit Anfang 2023 in Kraft und erlaubt die Revision gegen ein Urteil eines Oberverwaltungsgerichts, wenn das Oberverwaltungsgericht in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und die Revision deswegen zugelassen hat.
In dem nun beim BVerwG anhängigen Verfahren (Az. 1 C 10.23) geht es um die Frage, ob in Italien als subsidiär schutzberechtigt Anerkannten in Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hatte diese Frage in seinem Urteil vom 27. März 2023 (Az. 13 A 10948/22) verneint, während das Oberverwaltungsgericht Münster sie in seinem Urteil vom 20. Juli 2021 (Az. 11 A 1674/20.A) bejaht hatte. Im Revisionsverfahren dürfte es unter anderem um die Rechtsfrage gehen, ob Obdachlosigkeit für sich genommen bereits für die Annahme einer mit Art. 4 GRCh unvereinbaren Aufnahmesituation im Sinne einer extremen materiellen Not ausreicht oder nicht.