Das Bundesverwaltungsgericht berichtet in einer Pressemitteilung vom 21. November 2024 über seine zwei Urteile vom selben Tag (Az. 1 C 23.23 und 1 C 24.23), in denen es erstmals über Tatsachenrevisionen gemäß § 78 Abs. 8 AsylG entschieden hat, nämlich zur Situation alleinstehender, erwerbsfähiger und nichtvulnerabler international Schutzberechtigter in Italien. In den Entscheidungen, die im Volltext noch nicht vorliegen, schlägt sich das Gericht auf die Seite des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, dessen Beurteilung der Lage in Italien in zwei Urteilen von Ende 2023 es für zutreffend hält.
Danach sei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass nach Italien zurückkehrende Schutzberechtigte der genannten Gruppe dort in eine extreme materielle Notlage geraten würden, die es ihnen nicht erlaube, ihre elementarsten Grundbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Ernährung und Hygiene zu befriedigen. Sie könnten voraussichtlich zumindest in temporären Unterkünften oder Notschlafstellen mit grundlegenden sanitären Einrichtungen unterkommen, die von kommunalen Stellen sowie kirchlichen und anderen nichtstaatlichen Hilfsorganisationen angeboten werden, und ihre weiteren Grundbedürfnisse einschließlich des Verpflegungsbedarfs durch eigenes Erwerbseinkommen decken, zu dem gegebenenfalls Unterstützungsleistungen der genannten Stellen hinzuträten. Diese Einschätzung treffe auch auf weibliche Schutzberechtigte zu, eine medizinische Grundversorgung sei ebenfalls gewährleistet.
Es sei vor diesem Hintergrund an die Begründung des Gesetzgebers bei der Einführung von § 78 Abs. 8 AsylG erinnert (BT-Drs. 20/4327 vom 8. November 2022, S. 43): „Die Erweiterung der Revisionsmöglichkeit vor dem Bundesverwaltungsgericht auf asyl-, abschiebungs- und überstellungsrelevante Tatsachenfragen entbindet die Behörden und die Gerichte nicht von ihrer Pflicht zur Einzelfallprüfung und tagesaktuellen Erfassung und Bewertung der Tatsachengrundlagen, sodass weiterhin keine Pauschalisierungen hinsichtlich der Frage der Schutzberechtigung von Asylantragstellenden zulässig sind. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts werden jedoch dem Bundesamt und den Gerichten der unteren Instanzen als Orientierungspunkte dienen und für diese verlässliche Prüfungsmaßstäbe schaffen.“
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