Für Minderjährigkeit ist Zeitpunkt der Asylantragstellung maßgeblich

Für den Zeitpunkt der Minderjährigkeit von Schutzsuchenden ist jedenfalls im Rahmen von § 30 Abs. 2 AsylG, wonach ein Asylantrag eines unbegleiteten Minderjährigen nicht gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden darf, der Zeitpunkt der Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge maßgeblich, meint das Verwaltungsgericht Berlin in zwei Beschlüssen vom 27. November 2024 (Az. 4 L 726/24 A) und vom 12. Dezember 2024 (Az. 24 L 877/24 A). Dem Kindeswohl und dem Minderjährigenschutz entspreche es, auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Schutzsuchende diejenige Handlung vornehme, die zu der Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AsylG führe, was der Zeitpunkt der Äußerung des Asylgesuchs sei. Nur so sei gewährleistet, dass die Ablehnung eines Asylantrags als einfach unbegründet oder als offensichtlich unbegründet nicht davon abhänge, wann das Bundesamt die Anhörung durchführe. Außerdem könne die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum für die Beurteilung der Minderjährigkeit maßgeblichen Zeitpunkt beim Familiennachzug auf die Auslegung von § 30 AsylG übertragen werden.

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ISSN 2943-2871