Setzt der Begriff des Folgeantrags eigentlich voraus, dass zuvor, d.h. in einem früheren Asylverfahren, eine inhaltliche Prüfung des Schutzbegehrens stattgefunden hat? Und kommt es darauf an, ob das frühere Asylverfahren in Deutschland durchgeführt wurde? So richtig klar ist das in der Rechtsprechung alles nicht, weil die in § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG enthaltene Legaldefinition solche Voraussetzungen nicht nennt, einige Gerichte sie aber dennoch annehmen.
So geht etwa die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln in ihrem Beschluss vom 20. Mai 2025 (Az. 23 L 1186/25.A) davon aus, dass die EU-Asylverfahrensrichtlinie ein Begriffsverständnis verwendet, das eine vorherige inhaltliche Prüfung impliziert, und dass dieses Verständnis auch für die Auslegung von § 71 AsylG anzuwenden sei. Offenbar meint die Kammer dabei, dass die vorherige inhaltliche Prüfung des Schutzbegehrens gerade in Deutschland stattgefunden haben muss und dass eine zuvor erfolgte Anerkennung in einem anderen EU-Staat irrelevant ist, so dass die vorherige Ablehnung eines in Deutschland gestellten Asylantrags eben wegen der Anerkennung in dem anderen EU-Staat mangels inhaltlicher Prüfung gerade in Deutschland nicht dazu führt, den zweiten in Deutschland gestellten Asylantrag als Folgeantrag zu behandeln. Genau anders herum sieht es aktuell die 25. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in ihrem Beschluss vom 23. Mai 2025 (Az. 25 L 1561/25.A), für die es irrelevant ist, ob der erste in Deutschland gestellte Asylantrag inhaltlich geprüft wurde oder nicht, weil die Auffassung, den Begriff des Folgeantrags einschränkend auszulegen, im Wortlaut des § 71 AsylG ausdrücklich keine Stütze finde.
Beide Gerichte zitieren jeweils zahlreiche Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte, die die Frage so oder so beurteilen. Spätestens das Inkrafttreten der GEAS-Reform dürfte die Rechtslage klären, weil die Definition der „unanfechtbaren Entscheidung“ in Art. 3 Nr. 8 Asylverfahrens-Verordnung 2024/1348, auf die sowohl die in Art. 3 Nr. 19 der Verordnung enthaltene Definition des Begriffs des Folgeantrags als auch die Regelung über Folgeanträge in Art. 55 Abs. 2 der Verordnung verweisen, anders als im noch geltenden europäischen Recht ausdrücklich auch bloß formale Entscheidungen einschließt, bei denen keine inhaltliche Prüfung des Schutzbegehrens stattgefunden hat.
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