Wehrpflichtigen droht in der Russischen Föderation die tatsächliche Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung, so dass ihnen subsidiärer Schutz zu gewähren ist, meint die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin in ihrem Urteil vom 2. Juli 2025 (Az. 12 K 210/24 A). Es sei beachtlich wahrscheinlich, dass Wehrpflichtige nach ihrer Rückkehr nach Russland in absehbarer Zeit gegen ihren Willen zum Grundwehrdienst in der russischen Armee einberufen und in den Ukraine-Krieg entsandt würden, wo sie damit zu rechnen hätten, zwangsweise an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und völker- und/oder menschenrechtswidrigen Handlungen teilnehmen zu müssen. Die Kammer folge damit nicht der Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in seinen Urteilen vom 22. August 2024, sondern schließe sich der weiterhin überzeugenden Rechtsprechung der 33. Kammer des Verwaltungsgerichts an. Die vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in Bezug genommenen Pläne für den Umbau der russischen Armee zu einer Berufsarmee seien veraltet, die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass junge, gesunde und arbeitsfähige Wehrpflichtige es in der Russischen Föderation „allein in der Hand“ hätten, ihrem Willen entsprechend eine Entscheidung über eine Verpflichtung als Vertragssoldat und damit über einen Einsatz in der Ukraine zu treffen, sei falsch. Es bestehe darum für Wehrpflichtige auch die reale Gefahr, sich unmittelbar oder mittelbar an Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligen zu müssen, was einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung gleichkomme.
Es ist spannend, wie sich mittlerweile zwei Kammern des Verwaltungsgerichts Berlin gegen die aus ihrer Sicht falsche Rechtsprechung des ihnen übergeordneten Oberverwaltungsgerichts wehren, das im August 2024 jeweils ein Urteil der beiden Kammern aufgehoben hatte. Das Oberverwaltungsgericht wird in absehbarer Zeit erneut entscheiden müssen; es wurde bereits gemutmaßt, dass es dann lediglich auf seine anderslautende Rechtsprechung verweisen wird, statt sich mit der abweichenden Tatsachenfeststellung und Tatsachenwürdigung durch die beiden Kammern des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen.
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