In seinem Beschluss vom 18. März 2025 (Az. 2 BvR 1113/24) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die im Kontext der Folgenbeseitigung einer rechtswidrigen Abschiebung aus Sachsen nach Marokko im Juli 2024 (siehe ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 155) getroffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen, dem Rechtsanwalt des bereits abgeschobenen Ausländers Akteneinsicht zu verwehren, weil es auf die Kenntnis des Akteninhalts nicht ankomme und ihr ohnehin eine besondere Eilbedürftigkeit entgegenstehe, rechtswidrig war und das aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz verletzt hat. In dem Argument, dass es auf Inhalt und Kenntnis der Akte für das Verfahren nicht ankomme, zeige sich ein grundlegendes Missverständnis von der Bedeutung der Akteneinsicht, die grundsätzlich nicht zur Disposition des Staates und seiner Institutionen stehe, da das Oberverwaltungsgericht schlicht nicht darüber befinden dürfe, ob der Akteninhalt für den Beschwerdeführer wesentlich sei oder nicht. Dieses Fehlverständnis des Oberverwaltungsgerichts gewinne noch dadurch an Gewicht, dass dem Beschwerdeführer an anderer Stelle der angefochtenen Entscheidung unzureichendes Vorbringen vorgehalten werde. Daneben sei auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die Gewährung von Akteneinsicht zu einer weiteren und relevanten Verfahrensverzögerung hätte führen sollen, zumal nach der bereits erfolgten Abschiebung des Beschwerdeführers kein außergewöhnlicher Zeitdruck mehr bestanden hätte.
Dieser Beschluss zeigt einmal mehr, wie Gerichte mitunter den rechtsstaatlichen Maßstab für die Kontrolle und Korrektur behördlicher Fehlentscheidungen aus den Augen verlieren. Zur bereits vom Verwaltungsgericht Chemnitz festgestellten Rechtswidrigkeit der Abschiebung wegen der Missachtung einer verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht lediglich in einem Nebensatz ausgeführt, dass diese Missachtung unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar sei. Der HRRF-Newsletter berichtet leider regelmäßig über Abschiebungen, bei denen Behörden gerichtliche Eilentscheidungen ignorieren, zuletzt in Ausgabe Nr. 186.
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