Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 13. Dezember 2022 im Verfahren Al-Shujaa u.a. gg. Belgien (Az. 55208/22 u.a.) weitere vorläufige Maßnahmen gegen Belgien erlassen, die den Staat dazu verpflichten, 143 Schutzsuchenden, die sich in Belgien aufhalten, Unterbringung und Verpflegung zu gewähren, und über die er in einer Pressemitteilung vom 16. Dezember 2022 berichtet. Der EGMR hatte bereits Ende Oktober, Mitte und Ende November sowie Anfang Dezember 2022 in vergleichbaren Fällen vorläufige Maßnahmen gegen Belgien erlassen. In allen Fällen haben die Schutzsuchenden bereits Anordnungen eines belgischen Gerichts erwirkt, die den belgischen Staat zur Gewährung von Unterbringung und Verpflegung verpflichten, die die zuständigen Behörden aber bislang ignoriert haben.
In einer Entscheidung vom 19. Dezember 2022 (AAA u.a. gg. Secretary of State for the Home Department, Az. 2022 EWHC 3230 (Admin)), über die er auch in einer Pressemitteilung berichtet, hat der englische High Court of Justice die Pläne der britischen Regierung, Schutzsuchende aus dem Vereinigten Königreich nach Ruanda zu überstellen, für grundsätzlich rechtmäßig gehalten. Die britische Regierung habe ausreichende Vereinbarungen mit der Regierung von Ruanda getroffen, um sicherzustellen, dass Schutzsuchende in Ruanda in Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention behandelt würden. Die britische Regierung müsse jedoch jeden Einzelfall individuell prüfen, was in den acht dem High Court vorgelegten Verfahren nicht geschehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hält in seinem Urteil vom 7. Dezember 2022 (Az. 11 S 148/22) eine unter Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform abgegebene ausländerrechtliche Verpflichtungserklärung für unwirksam, so dass daraus keine Zahlungsansprüche der Ausländerbehörde abgeleitet werden könnten. Die Einhaltung der in § 68 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorgeschriebenen Schriftform sei unter Zugrundelegung des § 126 Abs. 1 BGB zu beurteilen und erfordere danach die eigenhändige Namensunterschrift oder ein notariell beglaubigtes Handzeichen oder eine andere durch § 126 BGB zugelassene Form. In dem entschiedenen Verfahren war der Ausländerbehörde kein Original der Verpflichtungserklärung zugegangen, sondern lediglich ein Ausdruck einer zuvor eingescannten Verpflichtungserklärung, was dem VGH nicht ausreichte. Die Person, die die Verpflichtungserklärung unterzeichnet hatte, sei auch nicht aus Gründen von Treu und Glauben daran gehindert, sich auf die Unwirksamkeit der Verpflichtungserklärung zu berufen, so der VGH.
Das Bayerische Oberste Landesgericht meint in seinem Urteil vom 7. Oktober 2022 (Az. 202 StRR 81/22), dass die EU-Rückführungsrichtlinie einer Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur dann entgegensteht, wenn im Zeitpunkt der strafgerichtlichen Entscheidung ein Rückführungsverfahren anhängig ist, nicht aber, wenn sich der Ausländer mittlerweile rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Das Amtsgericht München meint in seinem Urteil vom 20. Dezember 2022 (Az. 411 C 10539/22), dass die Gebrauchsüberlassung von Teilen einer Mietwohnung an Geflüchtete einer vorherigen Zustimmung durch den Vermieter bedarf. Ein Anspruch auf eine solche Zustimmung bestehe regelmäßig nicht.
Die Europäische Asylagentur (EUAA) hat Ausgabe 04/2022 ihres vierteljährlichen, thematisch gegliederten Updates zur Asylrechtsprechung in der Europäischen Union veröffentlicht, das den Zeitraum September bis November 2022 abdeckt.