Russischen Wehrpflichtigen droht ernsthafter Schaden

Grundwehrdienstpflichtigen russischen Staatsangehörigen droht bei ihrer Rückkehr nach Russland die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen Behandlung, weil mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit ihrer zwangsweisen Rekrutierung zum Kriegseinsatz in der Ukraine zu rechnen ist, meint das Verwaltungsgericht Magdeburg in seinem Beschluss vom 15. November 2024 (Az. 3 B 184/24 MD). Zwar sei nach der aktuellen Erkenntnislage die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von Grundwehrdienstleistenden zu Kampfhandlungen als eher gering einzuschätzen, ein solcher Einsatz sei aber weder rechtlich noch tatsächlich ausgeschlossen. Nach der von Moskau proklamierten Annexion der vier ukrainischen Oblaste Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson könnten Wehrpflichtige in diesen Gebieten auch offiziell für den Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden, ohne dass es sich insofern aus russischer Sicht um einen Auslandseinsatz handelte, auch seien zahlreiche Fälle bekannt, in denen Grundwehrdienstleistende in die Ukraine entsandt worden seien.

Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 22. August 2024 (Az. 12 B 17/23) (siehe HRRF-Newsletter Nr. 165), dass diese Einschätzung auf keiner ausreichenden Erkenntnislage beruhe, teile das Gericht nicht. Grundwehrdienstleistenden in der Russischen Föderation drohe derzeit, sich mittels erzwungener Vertragsabschlüsse als Vertragssoldaten zu verpflichten, sie gälten dann offiziell nicht mehr als Wehrpflichtige, sondern als Freiwillige, und würden im Ukraine-Krieg eingesetzt. Die Quellen, deren Aussagekraft das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in Zweifel ziehe, würden von anderen sach- und fachkundigen Stellen wiedergegeben, ohne dass sie die inhaltliche Aussage der Quellen in Frage stellten, etwa vom Auswärtigen Amt oder vom österreichischen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Das Gericht sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Institutionen sich auf unsichere Quellen stützten.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  • Textausgabe Deutsches Migrationsrecht (nach der GEAS-Reform)

    Es ist zu erwarten, dass der Deutsche Bundestag in den kommenden Wochen die beiden deutschen Umsetzungsgesetze zur GEAS-Reform von 2024 verabschieden wird, nämlich das GEAS-Anpassungsgesetz, und, gemeinsam mit dem Bundesrat, das GEAS-Anpassungsfolgengesetz. Diese Umsetzung wird zu umfangreichen Änderungen unter anderem…

  • GEAS-Reform 2024

    Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) im Mai 2024 wird den Flüchtlingsschutz in Deutschland und Europa verändern, zumindest in unzähligen Details, vermutlich aber jedenfalls auf einer faktischen Ebene auch im Grundsätzlichen. Die GEAS-Reform soll im Juni 2026 in Kraft…

  • Aktuelle EuGH-Urteile vom 1.8.2025

    Etwas zu spät für den HRRF-Newsletter an diesem Freitag hat der Europäische Gerichtshof heute Mittag drei Urteile zum europäischen Flüchtlingsrecht verkündet. Alle drei Urteile sind mittlerweile in deutscher Sprache verfügbar, zu zwei der drei Urteile gibt es außerdem deutschsprachige Pressemitteilungen…

ISSN 2943-2871