Materielles Flüchtlingsrecht
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Kein subsidiärer Schutz bei vorübergehendem Schutz?
Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs hat in einem Beschluss vom 22. Mai 2025 (Rs. C-195/25) entschieden, dass der Gerichtshof ein bei ihm anhängiges Vorabentscheidungsverfahren zur Auslegung der Richtlinie 2001/55/EG über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes entgegen der Ansicht der für das Verfahren zuständigen Kammer im beschleunigten Verfahren behandeln wird. In dem Verfahren geht es…
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Kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG wegen inlandsbezogener Belange
Das Kindeswohl und die familiären Bindungen im Sinne von Art. 5 Halbs. 1 Buchst. a und b der EU-Rückführungsrichtlinie können als inlandsbezogene Aspekte die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht begründen, meint das Bundesverwaltungsgericht in mehreren noch nicht im Volltext vorliegenden Urteilen vom 22. Mai 2025 (Az. 1 C 4.24…
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Verfolgung von Yeziden im Irak und qualifizierte Auseinandersetzung mit ausländischen Bescheiden
Das Verwaltungsgericht Stade geht in seinem Urteil vom 18. Dezember 2024 (Az. 2 A 1474/22) davon aus, dass Yeziden in der irakischen Region Shingal verfolgt werden und ihnen deswegen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Der IS sei nicht sicher besiegt und es bestünden in der Region auch im Übrigen keine ausreichenden Sicherheitsstrukturen, die verhindern könnten, dass Yeziden im…
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Ausschluss vom Flüchtlingsschutz nach Strafverbüßung unklar
Wenn ein Schutzsuchender gemäß Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der EU-Qualifikationsrichtlinie wegen einer in der Vergangenheit begangenen schweren nichtpolitischen Straftat von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden soll, dann muss der Umstand berücksichtigt werden, dass der Schutzsuchende die wegen dieser Straftat verhängte Strafe bereits verbüßt hat, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. April…
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Georgien sicherer Herkunftsstaat und ohne Gruppenverfolgung von LSBTIQ*-Personen
Anders als unlängst das Verwaltungsgericht Berlin (siehe HRRF-Newsletter Nr. 189) geht das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 15. April 2025 (Az. 30 L 905/25.A) davon aus, dass einer weiteren Einstufung von Georgien als sicherer Herkunftsstaat keine verfassungsrechtlichen oder europarechtlichen Bedenken entgegenstehen. Die Einstufung sei, anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof im Oktober 2024…
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Keine Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak
Angehörigen der yezidischen Glaubensgemeinschaft droht in der Provinz Ninive im Irak aktuell weder durch den Islamischen Staat noch durch sonstige nichtstaatliche Dritte mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine an ihre Religionszugehörigkeit anknüpfende Verfolgung als Gruppe, sagt das Oberverwaltungsgericht Magdeburg in seinem Beschluss vom 13. März 2025 (Az. 2 L 2/25.Z). Dieser Personengruppe drohe im Fall ihrer Rückkehr…
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Rechtsstaatswidrige Strafverfahren in der Türkei
Wenn ein Staat wie die Türkei nicht willens ist, in politisierten Strafverfahren rechtsstaatliche Grundsätze zu beachten, dann steht betroffenen Personen grundsätzlich Flüchtlingsschutz gemäß §§ 3 ff. AsylG zu, sagt das Verwaltungsgericht Köln in seinem Beschluss vom 20. März 2025 (Az. 22 L 550/25.A). Bereits der Umstand, dass eine Person einem nicht rechtsstaatlichen und willkürlichen Strafverfahren ausgesetzt…
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Drohende Blutrache führt nicht zur Annahme einer bestimmten sozialen Gruppe
Eine Person, der in ihrem Herkunftsland Blutrache droht, weil sie einer Familie angehört, die in einen Streit vermögensrechtlicher Natur verwickelt ist, kann nicht allein aus diesem Grund als einer „bestimmten sozialen Gruppe“ im Sinne von Art. 10 der EU-Qualifikationsrichtlinie zugehörig betrachtet werden, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 27. März 2025 (Rs. C-217/23). Voraussetzung…
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Keine interne Fluchtalternative für LGBTQI+-Personen in der Türkei
In seinem Urteil vom 8. Januar 2025 (Az. 17 K 248/23 A) geht das Verwaltungsgericht Berlin davon aus, dass LGBTQI+-Personen in der Türkei keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht. Die LGBTQI+-Gemeinschaft in der Türkei sehe sich einer erheblichen erniedrigenden Behandlung ausgesetzt, dabei bildeten gewalttätige Übergriffe nur den schwerwiegendsten Ausschnitt einer weit verbreiteten homophoben und transphoben…
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Subsidiärer Schutz für russische Wehrpflichtige
In drei ausführlichen Urteilen vom 20. Januar 2025 (Az. 33 K 504/24 A und 33 K 519/24 A) und vom 5. März 2025 (Az. 33 K 495/23.A) hat das Verwaltungsgericht Berlin einen Anspruch russischer Wehrpflichtiger auf die Gewährung subsidiären Schutzes bejaht. Danach drohe gesunden, kinderlosen Männern russischer Staatsangehörigkeit im grundwehrpflichtigen Alter bei Rückkehr in die…