Ein Visum zur Einreise nach Deutschland ist erst dann erteilt, wenn der Reisepass mit dem Visum darin dem Antragsteller tatsächlich ausgehändigt wurde, meint das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 12. November 2025 (Az. OVG 6 S 88/25). Sofern ein Reisepass mit deutschem Visum sich dagegen noch bei der im Auftrag der Bundesregierung handelnden GIZ befinde, fehle es an der Bekanntgabe der Visumerteilung, die für den Beginn der Wirksamkeit des Visums erforderlich sei. Dies gelte auch dann, wenn die GIZ den Antragsteller davon unterrichtet habe, dass sein Reisepass mit Visum bei ihr eingetroffen sei.
An diesem Beschluss zeigt sich das ganze Elend der Politik der Bundesregierung beim Umgang mit Aufnahmezusagen für afghanische Staatsangehörige. Das Oberverwaltungsgericht geht von mindestens zwei rechtlich fragwürdigen Annahmen aus, nämlich zum einen der Annahme, dass die Bekanntgabe der Visumerteilung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG stets voraussetzt, dass der Betroffene die tatsächliche Verfügungsgewalt über seinen Reisepass mit dem Visum erhält, zum anderen der Annahme, dass die GIZ, die den Reisepass für den Betroffenen in Empfang nimmt, zwar eine Empfangsbotin des Betroffenen im Sinne von § 130 BGB sein soll, aber dennoch der Zugang (und damit die Bekanntgabe) erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Aushändigung des Reisepasses an den Betroffenen erfolgt. Wenn das so wäre, wäre ja die Rechtsfigur des Empfangsboten überflüssig, was das Oberverwaltungsgericht aber wiederum auch nicht annimmt.


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