Eilanträge unterbrechen Überstellungsfristen in Italien-Fällen nicht

Rechtsanwalt Marcel Keienborg weist in einem Blog-Beitrag auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. November 2023 (Az. 12 L 2970/23.A) hin, in dem das Gericht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. September 2022 (Rs. C-245/21 u. C-248/21), in dem es um die Auswirkungen der praktischen Unmöglichkeit einer Dublin-Überstellung wegen der Corona-Pandemie auf den Lauf der Überstellungsfrist ging, auf die aktuelle Situation von Dublin-Überstellungen nach Italien überträgt. Zwar beginne die Überstellungsfrist an sich erst mit der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung, etwa eines gerichtlichen Eilantrags, diese Regelung sei aber auf die derzeitige Situation zu Italien nicht anwendbar: Die Weigerung Italiens zur Aufnahme von Schutzsuchenden führe zu einer praktischen Unmöglichkeit von Dublin-Überstellungen, die den Lauf von Überstellungsfristen demnach (nämlich gemäß der EuGH-Rechtsprechung) gerade nicht unterbreche (so dass gerichtliche Eilanträge keine Auswirkungen auf den Fristablauf haben). Das VG Düsseldorf will ersichtlich auch die aktuellen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Dublin-Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen (siehe etwa HRRF-Newsletter Nr. 127) entkräften, und das mit einem gar nicht so schlechten Argument.

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ISSN 2943-2871