Ein Austausch von Offensichtlichkeitsgründen durch das Verwaltungsgericht bei der Ablehnung eines Asylantrags kann die Aufhebung der Begründung der Antragsablehnung im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge erforderlich machen, um den unterschiedlichen ausländerrechtlichen Folgen verschiedener Offensichtlichkeitsgründe Rechnung zu tragen, so das Verwaltungsgericht Schleswig in seinem Urteil vom 4. Juli 2024 (Az. 10 A 161/24). Habe das Bundesamt den Asylantrag etwa nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt, so untersage die absolute Titelsperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG strikt, dem Ausländer vor der Ausreise einen Aufenthaltstitel zu erteilen. Da diese spezifische ausländerrechtliche Sanktionswirkung nicht eintrete, wenn die qualifizierte Ablehnung des Asylantrags auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werde, müsse das Gericht gegebenenfalls auch die hier mit einer eigenen rechtlichen Beschwer verbundene Begründung des Bescheids aufheben, etwa wenn es die qualifizierte Ablehnung stattdessen auf § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG stütze. Die Titelerteilungssperre greife nämlich nicht ein, wenn dem Bescheid durch die Aufhebung der Begründung nicht mehr eindeutig zu entnehmen sei, dass die qualifizierte Ablehnung auf einen Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 3 bis 7 AsylG gestützt sei.
Das Verwaltungsgericht hat sich außerdem zu der Frage geäußert, ob die Aufenthaltsgestattung eines Kernfamilienmitglieds eines Schutzsuchenden und damit das jedenfalls potentielle Eingreifen von Familienflüchtlingsschutz gemäß § 26 AsylG die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ausschließt (siehe zu dieser Frage etwa den oben erwähnten Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln, wo das unproblematisch bejaht wird), und will diese Frage verneinen, weil die Berücksichtigung familiärer Belange voraussetze, dass die insoweit relevanten Familienmitglieder über ein gesichertes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland verfügten. Diese Aussage und der Verweis des Verwaltungsgerichts auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. März 2021 (Rs. C-112/20) deuten darauf hin, dass da in der Argumentation vielleicht etwas durcheinander geraten ist, nämlich die Ablehnung eines Asylantrags mit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung.
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