Das Oberverwaltungsgericht Koblenz trägt in seinem Urteil vom 24. Januar 2024 (Az. 13 A 10789/23.OVG) das ihm Mögliche bei, die bereits einigermaßen uneinheitliche und unübersichtliche asylgerichtliche Rechtsprechung zu Eritrea (siehe etwa zuletzt HRRF-Newsletter Nr. 111, Nr. 112 und Nr. 113) noch uneinheitlicher und unübersichtlicher zu gestalten, immerhin unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte.
Für die Rückkehrprognose will das Gericht auf eine frewillige Rückkehr nach Eritrea abstellen, weil einem aus dem Ausland zurückkehrenden Eritreer vorbehaltlich besonderer individueller Umstände die Zahlung der Aufbausteuer und die Abgabe der Reueerklärung zumutbar seien. Für Personen, die nicht im Verdacht exilpolitisch-oppositioneller Betätigung stünden, sei es dann nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sie wegen illegaler Ausreise und/oder Entziehung vom Nationaldienst bestraft würden. Allerdings bestehe auch bei einer freiwilligen Rückkehr für aus dem Ausland zurückkehrende Eritreer im nationaldienstpflichtigen Alter, die den Nationaldienst noch nicht abgeleistet haben, nicht sonst davon befreit sind oder aufgrund besonderer Umstände direkt in den zivilen Teil des Nationaldienstes eingezogen werden, die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass sie in den militärischen Teil des Nationaldienstes aufgeboten und dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung bis hin zur Folter ausgesetzt sein würden. Zudem bestehe eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass dauerhaft aus dem Ausland zurückkehrende Eritreer auch bei Zahlung der Aufbausteuer und Unterzeichnung der Reueerklärung den sogenannten Diaspora-Status nicht erlangen könnten.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision in dem Verfahren gleich zweimal zugelassen. Zum einen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, weil in der Rechtsprechung umstritten sei, ob eritreischen Staatsangehörigen, denen nicht bereits aus anderen Gründen Schutz zu gewähren sei, grundsätzlich zugemutet werden könne, zur Vermeidung einer Bestrafung eine sogenannte „Reueerklärung“ abzugeben und ob daran anschließend bei der Rückkehrprognose im Rahmen der Prüfung subsidiären internationalen Schutzes auf eine freiwillige oder eine erzwungene Rückkehr abzustellen sei. Zum anderen als Tatsachenrevision gemäß § 78 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 AsylG, weil das Gericht in der Beurteilung der tatsächlichen Möglichkeit permanenter Rückkehrer, den Diaspora-Status zu erlangen sowie der Frage des Bestehens einer beachtlichen Gefahr der Einziehung permanenter Rückkehrer in den militärischen Nationaldienst von der Beurteilung durch das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Urteil vom 27. Oktober 2021, Az. 4 Bf 106/20.A) und das Oberverwaltungsgericht Greifswald (Urteil vom 17. August 2023, Az. 4 LB 145/20 OVG) abgewichen sei.
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