OVG Münster lässt Prüfung vermissen

In zwei Beschlüssen vom 7. November 2023 (Az. 1 B 34.23) und vom 13. November 2023 (Az. 1 B 24.23) hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 15. Juni 2023 (Az. 11 A 3088/21.A) und vom 21. Juni 2023 (Az. 11 A 1080/22.A) aufgehoben, in denen es um die Rechtmäßigkeit von Unzulässigkeitsentscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ging, die aufgrund einer Dublin-Zuständigkeit Italiens ergangen waren. Das OVG war wegen des italienischen Dublin-Annahmestopps von einem Zuständigkeitsübergang auf Deutschland ausgegangen, das fand das BVerwG verfahrensfehlerhaft. Das OVG habe zwar ausführlich die fehlende Aufnahmebereitschaft Italiens dargelegt, nicht aber eine daraus folgende Gefahr der extremen materiellen Not für den Einzelnen, vielmehr blieben die Lebensumstände in Italien im Ergebnis offen. Soweit das OVG aus der Erklärung Italiens zur Aufnahmeverweigerung auf systemische Schwachstellen schließe, könne diese Erklärung lediglich ein Indiz begründen. Insbesondere wegen der vom OVG selbst aufgeworfenen Frage, ob die Begründung Italiens nicht vielleicht nur vorgeschoben sei, bedürfe es für eine Schlussfolgerung auf systemische Mängel einer weiteren Darlegung, wie sich die Verhältnisse in Italien im Falle einer unterstellten Rücküberstellung darstellen würden. Das BVerwG hat beide Verfahren gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das OVG Münster zurückverwiesen.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Newsletter

  • Mehrere Monate

    Müssen Ausländerbehörden bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse prüfen, obwohl sie dafür nach deutschem Recht gar nicht zuständig sind, oder bleibt es bei der Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge? Ein EuGH-Urteil aus dem vergangenen Herbst sorgt jedenfalls bei mir für Verwirrung, und eine…

    Weiterlesen..

  • Refoulement by Proxy

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiß auch nicht mehr weiter und erklärt sich für unzuständig, wenn es um die Externalisierung von Pushbacks im Mittelmeer geht. Dafür scheint aber in der beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Schadensersatzklage gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex das letzte Wort noch nicht gesprochen zu…

    Weiterlesen..

  • Verbleibende Spielräume

    Der in dieser Einleitung zur Verfügung stehende Platz soll heute ausnahmsweise nicht dazu verwendet werden, um auf die (zahlreichen) wichtigen Entscheidungen der Woche hinzuweisen. Stattdessen geht es um die HRRF-Website, die in dieser Woche nicht nur sozusagen runderneuert wurde, damit sie noch mehr Inhalte und viele…

    Weiterlesen..

  • Herausragende Bedeutung

    Das Bundesverfassungsgericht legt nach und rügt erneut einen Grundrechtsverstoß bei der Anordnung von Abschiebungshaft, während der Bundesgerichtshof bei der Anordnung von Abschiebungshaft in einem anderen Verfahren eher großzügige Standards anwendet. Daneben geht es in dieser Woche um eine willkürliche Kostenentscheidung eines Sozialgerichts, ein beim Europäischen Gerichtshof…

    Weiterlesen..

  • Rechtsstaatliche Gesichtspunkte

    In den HRRF-Newsletter haben es diese Woche gleich drei aktuelle Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts geschafft, in denen es um rechtswidrige Abschiebungen und verweigerte Akteneinsicht, um gerichtliche Benachrichtigungspflichten bei der Anordnung von Abschiebungshaft und um die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde auch in Eilverfahren geht. Der Verwaltungsgerichtshof München nimmt derweil…

    Weiterlesen..

ISSN 2943-2871