Aufenthaltsrecht
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Kein Geheimverfahren zum Entzug eines Aufenthaltstitels
Der Entzug oder die Versagung eines Aufenthaltstitels allein auf Grundlage einer nicht begründeten verbindlichen Stellungnahme einer mit Aufgaben der nationalen Sicherheit betrauten Fachbehörde (d.h. eines Inlandsgeheimdienstes) verstößt gegen EU-Recht, nämlich unmittelbar gegen Art. 20 AEUV und Art. 47 GRCh, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. April 2024 (Rs. C‑420/22 und C‑528/22). Vor der Entscheidung…
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Keine zeitlich unbefristeten Ordnungsverfügungen
Das Verwaltungsgericht Schleswig hält in seinem Beschluss vom 12. März 2024 (Az. 11 B 20/24) nichts von einer gegenüber einem Ausländer erlassenen zeitlich unbefristeten Anordnung gemäß § 46 Abs. 1 AufenthG, wonach der Ausländer sich zu bestimmten Tageszeiten in seiner Wohnung aufzuhalten bzw. seine Abwesenheit rechtzeitig anzuzeigen hat. Eine solche zeitlich unbefristete Verpflichtung stehe erkennbar außer Verhältnis…
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Maßregel ist keine Freiheitsstrafe
Eine Unterbringung als Maßregel der Besserung und Sicherung ist keine Freiheitsstrafe im Sinne von § 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG und kann die Anerkennung als Flüchtling darum nicht verhindern, sagt das Verwaltungsgericht Kassel in seinem Urteil vom 16. Februar 2024 (Az. 1 K 1417/21.KS.A). Der Begriff der Freiheitsstrafe sei „technisch“ im Sinne der §§ 38, 39 StGB…
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Kein Chancen-Aufenthalt bei sehr kurzer Aufenthaltsunterbrechung
Eine auch nur kurzzeitige Ausreise aus dem Bundesgebiet im Duldungsstatus hat das Erlöschen der Duldung zur Folge und führt zu einer Unterbrechung der Voraufenthaltszeit des § 104c Abs 1 S 1 AufenthG, so dass dessen Voraussetzungen nicht vorliegen, sagt das Verwaltungsgericht Sigmaringen in seinem Beschluss vom 26. Februar 2024 (Az. 1 K 344/24). Die in Rechtsprechung…
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Bloßer Duldungsanspruch reicht für Chancen-Aufenthalt nicht
Das Oberverwaltungsgericht Greifswald geht in seinem Beschluss vom 8. Januar 2024 (Az. 2 O 559/23 OVG) davon aus, dass für die Erfüllung der Voraufenthaltsfrist des § 104c Absatz 1 Satz 1 AufenthG ein bloßer Anspruch auf Erteilung einer Duldung nicht ausreicht, da der Wortlaut der Norm darauf abstelle, dass sich der Ausländer „geduldet“ im Bundesgebiet aufgehalten…
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Gemeindliche Obdachlosenunterbringung bei Familiennachzug
Der Verwaltungsgerichtshof München berichtet in einer Pressemitteilung vom 29. Februar 2024 über seinen noch nicht im Volltext vorliegenden Beschluss vom 15. Februar 2024 (Az. 4 CE 24.60), in dem er eine bayerische Gemeinde dazu verpflichtet hat, den im Wege des Familiennachzugs später nachgezogenen Familienangehörigen eines anerkannten Flüchtlings eine Obdachlosenunterkunft im Gemeindegebiet zuzuweisen. Die Gemeinde sei…
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Chancen-Aufenthaltserlaubnis statt Visumverfahren bei Geburt eines Kindes
Ein geduldeter Aufenthalt im Sinne von § 104c AufenthG liegt auch dann vor, wenn nur ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung besteht, meint das Verwaltungsgericht Würzburg in seinem Urteil vom 22. Januar 2024 (Az. W 7 K 23.140). Dies könne etwa der Fall sein, wenn das an sich erforderliche Nachholen des Visumverfahrens „im Idealfall“ acht Monate,…
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Kein Anspruch auf private Krankenversicherung bei Familiennachzug
Beim Nachzug eines sonstigen Familienangehörigen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann nicht nach §§ 152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VAG, 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG davon ausgegangen werden, dass der nachziehende Familienangehörige nach der Einreise einen Anspruch gegen jedes zugelassene private Krankenversicherungsunternehmen hat, im Basistarif versichert zu werden, sagt das Verwaltungsgericht Berlin…
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Behörde zu ordnungsgemäßer Aktenführung verpflichtet
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig war in seinem Beschluss vom 13. Februar 2024 (Az. 6 MB 1/24) offenbar so gar nicht amüsiert über das Verhalten der Lübecker Ausländerbehörde. Eigentlich ging es nur um vorläufigen Rechtsschutz in einem Verfahren um die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, gleichwohl ließ sich das Gericht zu einigen sehr spitz formulierten Leitsätzen hinreißen. Danach folge…
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Vorübergehender Schutz nur bei tatsächlich erteiltem ukrainischen Aufenthaltstitel
Ein Anspruch auf Gewährung vorübergehenden Schutzes aus § 24 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 setzt voraus, dass ein drittstaatsangehöriger Antragsteller in der Ukraine über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügte und nicht lediglich einen Anspruch darauf hatte, meint das Oberverwaltungsgericht Magdeburg in seinem Beschluss vom 15. Januar 2024 (Az. 2 M 60/23). Dies…