Politmalus in der Türkei bei Strafverfahren nach Art. 220 StGB

Die Strafvorschrift des Art. 220 Abs. 7 des türkischen Strafgesetzbuchs (wissentliche und willentliche Hilfe für eine kriminelle Organisation) habe als solche zwar keinen Verfolgungscharakter, meint das Oberverwaltungsgericht Bautzen in seinem Urteil vom 7. Februar 2024 (Az. 5 A 234/19.A), nach der türkischen Strafverfolgungspraxis sei aber davon auszugehen, dass im Falle eines wegen Verstoßes gegen diese Vorschrift geführten Strafverfahrens die Verfolgung Unschuldiger bzw. die überharte Strafverfolgung aufgrund der tatsächlichen oder dem Beschuldigten vom türkischen Staat zugeschriebenen politischen Überzeugung, und damit Verfolgung in Gestalt unverhältnismäßiger oder diskriminierender Strafverfolgung oder Bestrafung im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG drohe. Ob einer Person, gegen die ein Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift anhängig sei und der deshalb Verfolgung in Gestalt unverhältnismäßiger oder diskriminierender Strafverfolgung oder Bestrafung im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG drohe, nach der aktuellen Erkenntnismittellage auch Verfolgung in Gestalt von Folter oder Misshandlung und damit Verfolgung in Gestalt von Anwendung physischer Gewalt im Sinne von § 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG drohe, könne daher offenbleiben.

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ISSN 2943-2871