Asylverfahrensrecht
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Untätigkeitsklage besser erst nach 15 Monaten
In einer Änderung ihrer bisherigen Rechtsprechung geht die 17. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in ihrem Beschluss vom 19. Februar 2024 (Az. 17 K 7670/23.A) nunmehr davon aus, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über Asylanträge regelmäßig nicht mehr innerhalb von sechs Monaten entscheiden muss, sondern gemäß § 24 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 AsylG (erst)…
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Versagung rechtlichen Gehörs durch fiktive Klagerücknahme
Ein Verwaltungsgericht darf ein laufendes Asylklageverfahren nach der Abschiebung des Klägers nicht einfach wegen Nichtbetreiben des Verfahrens gemäß § 81 AsylG einstellen, nur weil der Prozessbevollmächtigte keine „aussagekräftige Bescheinigung“ über eine ladungsfähige Anschrift des Klägers im Zielstaat der Abschiebung vorlegen kann, sagt der Verwaltungsgerichtshof München in seinem Beschluss vom 15. Februar 2024 (Az. 24 ZB 23.30851),…
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Kein isolierter Fortbestand einer negativen Staatenbezeichnung
In seinem Urteil vom 13. Dezember 2023 (Az. 1 C 34.22) hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung von Klageanträgen und, in einem obiter dictum, zur Unzulässigkeit des isolierten Fortbestands einer negativen Staatenbezeichnung bei Aufhebung der Abschiebungsandrohung im Übrigen geäußert. In dem Verfahren hatte das Verwaltungsgericht einen ausdrücklich gestellten Antrag auf bloße Teilaufhebung einer Abschiebungsandrohung (nämlich…
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Darlegungsanforderung für Divergenzrüge bei nicht veröffentlichter Entscheidung
Beruft sich eine Divergenzrüge im Rahmen eines asylgerichtlichen Berufungszulassungsverfahrens auf eine gerichtliche Entscheidung, die nicht veröffentlicht wurde und deren maßgebliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, dann muss diese Entscheidung dem Zulassungsantrag als Anlage beigefügt werden, sagt der Verwaltungsgerichtshof Kassel in seinem Beschluss vom 16. Januar 2024 (Az. 2 A 360/23.Z.A). In dem Verfahren war die Abweichung eines…
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Rechtsprechung kann zu neuer Rechtslage führen
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 8. Februar 2024 (Rs. C-216/22) klargestellt, dass ein Urteil des Gerichtshofs einen neuen Umstand darstellen kann, der eine erneute inhaltliche Prüfung eines Asylantrags rechtfertigt. Aus der EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU folge, dass ein solches Urteil es rechtfertigen könne, dass ein Folgeantrag des Schutzsuchenden in der Sache geprüft werde und…
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Parallele Asylverfahren in Deutschland möglich
Sollte es jemals ein migrationsrechtliches Kneipenquiz geben, dann wäre da sicherlich die Frage dabei, die das Verwaltungsgericht Bremen in seinem Beschluss vom 9. Januar 2024 (Az. 3 V 2955/23) zu beantworten hatte: Ist es in Deutschland möglich, einen Asylantrag (wirksam) zu stellen, wenn ein zuvor gestellter Asylantrag noch nicht bestandskräftig geworden ist, also etwa noch…
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Einsatz eines unvereidigten Dolmetschers kann Verfahrensfehler begründen
Ist die gemäß § 189 Abs. 1 GVG erforderliche Vereidigung eines Dolmetschers in einer mündlichen Verhandlung unterblieben, ist das normalerweise kein Grund für die Annahme einer Gehörsverletzung, sofern der Dolmetscher dennoch davon ausgeht, vereidigt zu sein, etwa in einem Fall wie in dem vom Verwaltungsgerichtshof München mit Beschluss vom 4. Dezember 2017 (Az. 5 ZB 17.31569) entschiedenen…
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Bei unbegleiteten Minderjährigen regelmäßig keine Antragsablehnung als offensichtlich unbegründet
Erfrischend deutlich äußert sich das Verwaltungsgericht Ansbach in seinem Beschluss vom 2. Januar 2024 (Az. AN 10 S 23.31732) zu den besonderen Verfahrensgarantien für unbegleitete minderjährige Schutzsuchende. Eine Ablehnung eines von einem unbegleiteten Minderjährigen gestellten Asylantrags als offensichtlich unbegründet sei gegen den Wortlaut von § 30 AsylG in der Regel nicht zulässig, weil gemäß Art. 25 Abs. 6…
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Anforderungen an gerichtliche Erkenntnismittellisten
Der bloße Verweis auf die Website ecoi.net in der Ladung zur mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Asylverfahren genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einführung von Erkenntnismitteln, meint das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seinem Beschluss vom 8. Januar 2024 (Az. 9 LA 233/21). Erkenntnismittel seien „im Einzelnen bezeichnet“ zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, damit sich die…
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Anforderungen an Feststellung eines Untertauchens
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf das Untertauchen eines Schutzsuchenden nur annehmen, und das Asylverfahren wegen Nichtbetreiben des Verfahrens nur dann gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 2 AsylG einstellen, wenn es für eine solche Annahme eine Tatsachengrundlage gibt, meint das Verwaltungsgericht Weimar in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2023 (Az. 4 E 1428/23 We). Lege…