Materielles Flüchtlingsrecht
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Flüchtlingseigenschaft für queere Menschen aus Georgien
Bereits Ende 2023 war im Vorfeld der Einstufung von Georgien als sicherer Herkunftsstaat bei einer Anhörung im Deutschen Bundestag ausführlich darauf hingewiesen worden, dass sich queere Menschen in Georgien in einer Lage befinden, die sie der Gefahr asylrelevanter Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure aussetzt, ohne dass die georgischen Behörden willens oder in der Lage wären, effektiven…
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EuGH bejaht Gruppenverfolgung von Frauen in Afghanistan
Es besteht kein Zweifel daran, so der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Oktober 2024 (Rs. C‑608/22 und C‑609/22), dass die diskriminierenden Maßnahmen des afghanischen Taliban-Regimes gegen Frauen sowohl aufgrund ihrer Intensität und ihrer kumulativen Wirkung als auch aufgrund der Folgen, die sie für betroffene Frauen haben, Verfolgung im Sinne der EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU darstellen.…
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Mindestens subsidiärer Schutz infolge willkürlicher Gewalt im Gazastreifen
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in zwei Urteilen vom 24. September 2024 (Az. A 7 K 1647/24 und A 7 K 4112/24) zur Situation im Gazastreifen Stellung genommen. Der bewaffnete Konflikt im Gazastreifen erreiche einen so hohen Grad an willkürlicher Gewalt, dass dort praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre…
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Kein Schutz für tschetschenische Wehrpflichtige
In zwei Urteilen vom 22. August 2024 (Az. 12 B 17/23 und 12 B 18/23) hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass ungediente junge Männer russischer Staatsangehörigkeit und tschetschenischer Volkszugehörigkeit in Russland keine Gefahr laufen, für einen Kampfeinsatz in der Ukraine rekrutiert zu werden, jedenfalls wenn sie sich außerhalb Tschetscheniens aufhalten. Zwar bestehe in Tschetschenien die…
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EuGH-Vorlage zum Freikauf vom Wehrdienst in Syrien
Das österreichische Bundesverwaltungsgericht hat dem Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 12. September 2024 (Az. W261 2289490-1) Fragen vor allem zur Auslegung der EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU vorgelegt, in denen es darum geht, ob die Möglichkeit zum Freikauf vom Wehrdienst ein Mittel zur Abwendung von drohenden Verfolgungshandlungen wegen Militärdienstverweigerung oder unverhältnismäßiger Bestrafung ist. Das Gericht fragt insbesondere, ob…
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Familienflüchtlingsschutz nur bei nationaler Flüchtlingsanerkennung des Stammberechtigten
Familienflüchtlingsschutz gemäß § 26 AsylG gibt es nur für Familienangehörige eines Stammberechtigten, der gerade in Deutschland als Flüchtling anerkannt worden ist, meint das Oberverwaltungsgericht Münster in seinem Urteil vom 10. September 2024 (Az. 14 A 3506/19.A), dessen Volltext noch nicht vorliegt, über das es aber in einer Pressemitteilung berichtet. Dieses Ergebnis ergebe sich unter anderem aus…
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Robuste Bibelkenntnisse helfen bei der Flüchtlingsanerkennung
Das Verwaltungsgericht Hamburg stellt in seinem Urteil vom 16. Juli 2024 (Az. 10 A 4659/21), in dem es das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für eine zum Christentum konvertierte Iranerin verpflichtet hat, unter anderem auf die „robusten Bibelkenntnisse“ der Betroffenen ab. Die Klägerin habe neben ihren Lieblings-Bibelstellen auch die Bedeutung der…
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Kein subsidiärer Schutz mehr für syrische Flüchtlinge
Das Oberverwaltungsgericht Münster berichtet in einer Pressemitteilung vom 22. Juli 2024 über sein Urteil vom 16. Juli 2024 (Az. 14 A 2847/19.A), in dem es entschieden hat, dass in Syrien für Zivilpersonen keine ernsthafte und individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts mehr besteht. Insbesondere…
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Widerruf subsidiären Schutzes wegen Hamas-Unterstützung
Ideologisch-propagandistische Unterstützungshandlungen von einigem Gewicht zugunsten der terroristischen Vereinigung Hamas, die im maßgeblichen Zeitraum der Unterstützungshandlungen terroristische Handlungen begeht, sind als Handlungen anzusehen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen widersprechen und die zum Ausschluss von der Zuerkennung subsidiären Schutzes führen können, meint das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss vom 11. Juni 2024 (Az.…
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Kasachstan: Abschiebungsverbot wegen Ausschluss von medizinischer Versorgung
Das Verwaltungsgericht Magdeburg meint in seinem Urteil vom 24. April 2024 (Az. 3 A 391/21 MD), dass wegen der notwendigen Zuzahlungen für viele medizinische Untersuchungen und der häufig geforderten inoffiziellen Zahlungen in Kasachstan ein großer Teil der Bevölkerung, insbesondere Rentner, von der medizinischen Versorgung ausgeschlossen ist. Dies könne bei entsprechenden Vorerkrankungen oder Vulnerabilitäten von Betroffenen…