Das Bundesverwaltungsgericht informiert in einer Pressemitteilung vom 16. April 2025 über seine zwei noch nicht im Volltext vorliegenden Urteile vom selben Tag (Az. 1 C 18.24 und 1 C 19.24), in denen es im Wege der Tatsachenrevision entschieden hat, dass nicht-vulnerablen anerkannten Flüchtlingen in Griechenland keine unmenschliche oder erniedrigende Aufnahmesituation droht. Es sei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass nach Griechenland zurückkehrende arbeitsfähige, gesunde und alleinstehende junge männliche Schutzberechtigte dort in eine extreme materielle Notlage geraten würden, die es ihnen nicht erlaube, ihre elementarsten Grundbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Ernährung und Hygiene zu befriedigen. Schutzberechtigte könnten zumindest in temporären Unterkünften oder Notschlafstellen mit grundlegenden sanitären Einrichtungen unterkommen, die unter anderem auf kommunaler Ebene und durch nichtstaatliche Hilfsorganisationen betrieben würden. Ihre weiteren Grundbedürfnisse einschließlich Ernährung könnten sie durch eigenes Erwerbseinkommen decken, anfänglich jedenfalls in der sogenannten Schattenwirtschaft, zu dem gegebenenfalls Unterstützungsleistungen der genannten Stellen hinzutreten würden. Eine medizinische Notfall- und Erstversorgung sei ebenfalls gewährleistet.
Diese beiden Urteile stehen in einem gewissen Kontrast zu aktuellen Berichten über die Situation von Schutzberechtigten in Griechenland, etwa von Pro Asyl. Ganz überraschend kommen die Entscheidungen nicht; bereits in seinen Entscheidungen über Tatsachenrevisionen zur Situation von anerkannten Flüchtlingen in Italien Ende 2024 (etwa Urteil vom 21. November 2024, Az. 1 C 23.23) hatte das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass es um Mindestanforderungen gehe, die lediglich am Erfordernis der Wahrung der Menschenwürde orientiert seien und die nicht bereits durch große Armut, eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse oder Schwarzarbeit unterschritten würden.
Gefahrenabwehrrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen bei der Prüfung der Erteilung eines Chancen-Aufenthaltsrechts nicht die Annahme eines Ausnahmefalles, weil der Gesetzgeber im Hinblick auf strafbares oder auch nur sicherheitsgefährdendes Verhalten ein differenziertes und insofern abschließendes Regelungskonzept normiert hat, das einen Rückgriff auf sonstige integrationsbezogene Regel-/Ausnahmeverhältnisse grundsätzlich ausschließt, meint der Verwaltungsgerichtshof München in seinem Urteil vom 31. März 2025 (Az. 10 B 24.1124).
Mit der in § 104c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG enthaltenen Wertung, dass strafrechtliche Verurteilungen unterhalb einer differenzierenden Bagatellschwelle nicht der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG entgegenstünden und mit der nach dem Willen des Gesetzgebers damit einhergehenden Modifikation der allgemeinen Grundsätze über das Erteilungshindernis eines bestehenden Ausweisungsinteresses zugunsten des Ausländers habe der Gesetzgeber ein Regelungskonzept geschaffen, das nicht dadurch unterlaufen werden dürfe, dass sicherheitsrechtliche Belange zur Begründung eines Ausnahmefalles im Sinne von § 104c Abs. 1 AufenthG herangezogen würden. Auch bestehe deshalb kein Raum für die Annahme eines Ausnahmefalls bei „verstörendem“ oder „eklatant rechtswidrigem“ Verhalten, das weder strafbar sei, noch ein aktuelles Ausweisungsinteresse begründe.
In drei von der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützten sozialgerichtlichen Eilverfahren hat das Sozialgericht Hamburg mit Beschlüssen vom 11. April 2025 (Az. S 28 AY 188/25 ER) und vom 17. April 2025 (Az. S 5 AY 195/25 ER und S 7 AY 196/25 ER) die aufschiebende Wirkung von Widersprüchen gegen Leistungsausschlüsse in Dublin-Fällen angeordnet, die die Leistungsbehörde jeweils auf § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG gestützt hatte.
Die Behörde habe bereits fehlerhaft angenommen, dass es sich bei den von ihr erlassenen Aufhebungsbescheiden über die Einstellung von Leistungen um bloße Hinweisschreiben mit lediglich deklaratorischem Charakter handele; dies sei unzutreffend und widerspreche jeder Anforderung an ein förmliches Verwaltungsverfahren mit entsprechender Rechtsschutzmöglichkeit für die Betroffenen. Die Bescheide seien außerdem nicht ausreichend begründet, erwähnten insbesondere keine Rechtsgrundlage, zudem seien die Betroffenen nicht angehört worden. Darüber hinaus seien die Bescheide auch materiell rechtswidrig, weil nicht feststehe, dass die Ausreise der Betroffenen innerhalb von zwei Wochen rechtlich und tatsächlich möglich sei, wie dies § 1 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG aber voraussetze. Sofern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dies festgestellt habe, entfalte eine solche Feststellung für die Leistungsbehörden schon keine Bindungswirkung, die Feststellungen seien aber auch inhaltlich falsch, weil es tatsächlich nicht feststehe, dass gerade eine freiwillige Ausreise in den zuständigen Dublin-Staat möglich sei.
Medienberichten (siehe etwa hier, hier, und hier) zufolge hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Beschluss vom 10. April 2025 (Az. 24 L 91/25) in einem Eilverfahren die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen den Entzug der EU-Freizügigkeitsrechte eines irischen Staatsangehörigen wiederhergestellt. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids des Berliner Landesamts für Einwanderung, weil die Behörde den Entzug mit einer Teilnahme des Betroffenen an pro-palästinensischen Protesten begründet habe, ihrer Amtsaufklärungspflicht aber nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei.
Insbesondere habe es die Behörde versäumt, Ermittlungsakten bei der Staatsanwaltschaft anzufordern, ohne die nicht festgestellt werden könne, ob sich der Betroffene an strafrechtlich relevanten Protesten beteiligt habe. Dies wäre aber unerlässlich gewesen, um eine Entscheidung treffen zu können. FragDenStaat kennt die politischen Hintergründe und dokumentiert unter anderem politischen Druck aus der Berliner Landesregierung sowie eine anfängliche Weigerung des Landesamts für Einwanderung, diesem Druck nachzugeben.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10. April 2025 (Az. XIII ZB 12/25) den Vollzug von Abschiebungshaft in einem Verfahren einstweilen ausgesetzt, in dem die beteiligten bayerischen Behörden offensichtlich gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verstoßen haben. In dem Beschluss, der im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 64 Abs. 3 FamFG erging, heißt es, dass das bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen die Beschaffung von Passersatzpapieren erst Mitte März 2025 eingeleitet habe, obwohl es bereits Mitte Dezember 2024 ein entsprechendes Amtshilfeersuchen der zuständigen Ausländerbehörde erhalten habe.