Abschiebungshaft
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Keine Perpetuierung rechtswidriger Inhaftierung im und nach dem Asylverfahren
Eine rechtswidrige Inhaftierung während des Asylverfahrens hat keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit einer späteren Inhaftierung nach Abschluss des Asylverfahrens, auch wenn die betroffene Person ununterbrochen inhaftiert gewesen sein sollte, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Oktober 2024 (Rs. C-387/24 PPU). Folglich sei die zuständige nationale Behörde nicht verpflichtet, diese Person allein aufgrund…
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Vermischtes vom Bundesgerichtshof
In zwei Beschlüssen vom 17. September 2024 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es wegen des der Ausländerbehörde zustehenden „organisatorischen Spielraums“ nicht gegen das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verstößt, wenn statt einer ursprünglich geplanten Abschiebung mit einem Linienflug letztlich eine Abschiebung mit einem Charterflug stattfindet, auch wenn sich dadurch die Dauer der Inhaftierung verlängert (Az. XIII ZB…
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Doch gemeinsamer Vollzug von Abschiebungshaft und Sicherungsverwahrung
Das Landgericht Berlin widerspricht in seinem Beschluss vom 29. August 2024 (Az. 84 T 133/24 B) dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten, das in seinem Beschluss vom 17. Juni 2024 (Az. 383 XIV 1037/24 B) den gemeinsamen Vollzug von Abschiebungshaft und Sicherungsverwahrung für unzulässig gehalten hatte (siehe HRRF-Newsletter Nr. 152). Das Trennungsgebot sei nicht verletzt, wenn Abschiebungshäftlinge und…
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Vermischtes vom Bundesgerichtshof
Wenn ein von Abschiebungshaft Betroffener wünscht, dass von der Haftanordnung eine bestimmte Person seines Vertrauens oder ein bestimmter Angehöriger benachrichtigt werden soll, dann erfüllt das Haftgericht die Benachrichtigungspflicht aus Art. 104 Abs. 4 GG nicht, wenn es stattdessen einen Rechtsanwalt benachrichtigt, der sich im Haftanordnungsverfahren nicht als Bevollmächtigter bestellt hat, sagt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom…
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Pflichtanwälte müssen nicht umsonst arbeiten
Anwältinnen und Anwälte, die in Verfahren über die Anordnung von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam gemäß § 62d AufenthG als anwaltliche Vertreter von Betroffenen bestellt werden, haben für ihre Tätigkeit einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse, sagt das Amtsgericht Stuttgart in seinem Beschluss vom 10. Juli 2024 (Az. 527 XIV 271/24). Es sei unerheblich, dass es an einer spezialgesetzlichen…
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Bundesgerichtshof zu Abschiebungen nach Libyen
Der Bundesgerichtshof berichtet in seinem Beschluss vom 23. Juli 2024 (Az. XIII ZB 36/24) über eine Behördeneinschätzung, dass die Durchführbarkeit von Abschiebungen nach Libyen möglicherweise schon ab Herbst 2024 keine bloße Hoffnung der zuständigen Behörde sei, sondern eine auf konkrete Tatsachen gestützte begründete Aussicht. Die Innenministerkonferenz hatte den Bund unter anderem im Juni 2024 aufgefordert,…
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Verspätete Meldung an Bundesamt macht Dublin-Haft rechtswidrig
Meldet eine Behörde den Aufgriff eines unerlaubt eingereisten Ausländers wegen einer Namensgleichheit erst mit einer Verzögerung von zwölf Tagen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dann stellt das einen Verstoß gegen das in Haftsachen geltende Beschleunigungsverbot dar und macht die Haft rechtswidrig, sagt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 11. Juni 2024 (Az. XIII…
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Änderungen eines Haftantrags müssen mitgeteilt werden
Wenn ein Haftantrag ergänzt oder geändert wird, müssen dem Betroffenen jedenfalls wesentliche Ergänzungen oder Änderungen vor der Anhörung mitgeteilt und gegebenenfalls übersetzt werden, sagt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 11. Juli 2024 (Az. XIII ZB 49/21). Werde dies unterlassen, sei der Betroffene in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt und die Haft rechtswidrig.
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Kein gemeinsamer Vollzug von Abschiebungshaft und Sicherungsverwahrung
Das Amtsgericht Berlin Tiergarten äußert sich in seinem Beschluss vom 17. Juni 2024 (Az. 383 XIV 1037/24 B) zum Trennungsgebot beim Vollzug von Abschiebungshaft, wonach Abschiebungshaftgefangene gemäß § 62a Abs. 1 S. 2 AufenthG jedenfalls getrennt von Strafgefangenen inhaftiert sein müssen. Die in der Justizvollzugsanstalt Berlin Tegel (Teilbereich Sicherungsverwahrung) vollzogene Abschiebungshaft verstoße gegen dieses Gebot und sei…
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Überlange Dauer eines Haftbeschwerdeverfahrens
Die überlange Dauer eines Beschwerdeverfahrens gegen die Anordnung von Sicherungshaft verstößt gegen das Beschleunigungsgebot und verletzt das Grundrecht Betroffener auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG, sagt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 9. April 2024 (Az. XII IZB 7/22). In dem Verfahren hatte das Beschwerdegericht angenommen, dass das Beschleunigungsgebot nur für am Verfahren beteiligte…