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Ausgabe 136 • 15.3.2024

Duldung ohne Ausreisepflicht

Das Rückführungsverbesserungsgesetz beschäftigt weiter die Rechtsprechung, in der es in dieser Woche gleich zweimal um die Auslegung des neuen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG geht, wonach das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abschiebungsandrohung u.a. (nur) erlässt, wenn der Abschiebung keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegenstehen, nämlich das Kindeswohl, familiäre Bindungen oder der Gesundheitszustand des Ausländers. Spannend ist dabei, dass für die Feststellung solcher Abschiebungshindernisse jedenfalls für Altfälle eine konkurrierende Zuständigkeit von Bundesamt und Ausländerbehörden angenommen wird. Außerdem reißt die schier endlose Reihe von Entscheidungen zu Italien nicht ab - diese Woche geht es unter anderem um den Umgang mit Familien in Anerkannten-Fällen und um eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zu den Folgen der italienischen Dublin-Rundschreiben.

Dublin-Verfahren usw.

Italienische Dublin-Rundschreiben vor dem EuGH

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Beschluss vom 14. Februar 2024 (Az. 11 A 1255/22.A) den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage angerufen, ob die seit Dezember 2022 bestehende Weigerung Italiens, Schutzsuchende im Wege von Dublin-Überstellungen (wieder) aufzunehmen, zur Annahme einer systemischen Schwachstelle im italienischen Asylsystem führen muss. Falls diese Frage zu verneinen sein sollte, möchte das OVG außerdem wissen, wie der Zustand des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien beurteilt werden können, wenn mangels tatsächlich durchgeführter Dublin-Überstellungen letztlich nur eine hypothetische Beurteilung möglich ist.

Die Vorlage setzt einen vorläufigen Schlusspunkt unter die inzwischen gefühlt unendlich ausdifferenzierte Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte zum Umgang mit den italienischen Dublin-Rundschreiben von Dezember 2022, in denen Italien die Mitwirkungen an Dublin-Überstellungen ausgesetzt hatte. Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht u.a. mit Beschluss vom 7. November 2023 (Az. 1 B 34.23) die bisherige Rechtsprechung des OVG Münster kritisiert und aufgehoben, weil es aus der italienischen Weigerung ohne Weiteres eine systemische Schwachstelle ableiten wolle. Das OVG Münster, so das Bundesverwaltungsgericht, habe zwar ausführlich die fehlende Aufnahmebereitschaft Italiens dargelegt, nicht aber eine daraus folgende Gefahr der extremen materiellen Not für den Einzelnen, vielmehr blieben die Lebensumstände in Italien im Ergebnis offen (siehe ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 125). Danach hatte etwa bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem Beschluss vom 29. Dezember 2023 (Az. 1a L 1896/23.A) auf die praktischen Schwierigkeiten hingewiesen, die der Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts in Hinblick auf die Beurteilung rein hypothetischer Dublin-Überstellungen haben muss (siehe ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 127 sowie weiter unten in diesem Newsletter).

Das OVG Münster hat beim EuGH die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens beantragt, weil mit Blick auf die große Zahl der in Deutschland aufhältigen Flüchtlinge, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt hätten, für die aber zunächst Italien zuständig sei, eine rasche Klärung erforderlich sei. Außerdem erwähnt das OVG in seinem Beschluss, dass es auch in einem Parallelverfahren (Az. 11 A 1080/22.A) den EuGH angerufen hat.

Dublin-Verfahren usw.

Tatsächliche Verhältnisse in Italien immer noch Ausdruck systemischer Mängel

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bleibt in seinem Urteil vom 22. Februar 2024 (Az. 1a K 3331/23.A) bei seiner bereits im Dezember 2023 geäußerten Ansicht (siehe den Beschluss vom 29. Dezember 2023, Az. 1a L 1896/23.A), dass eine hypothetische Betrachtung der Situation von Schutzsuchenden in Italien im Ergebnis zur Annahme einer systemischen Schwachstelle im italienischen Asylsystem führen würde (siehe ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 127), erläutert seine Annahmen nun aber ausführlicher. Außerdem schließt es sich nun dem OVG Münster an, dass bereits die bloße Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Italien zur Annahme einer systemischen Schwachstelle führe, ohne dass eine hypothetische Betrachtung der Situation von Schutzsuchenden erforderlich sein soll, und will Schutzsuchende auch weiterhin nicht auf die Möglichkeit (vorübergehender) Tätigkeit in der sogenannten „Schattenwirtschaft“ verweisen, weil bereits das der Europäischen Union innewohnende Prinzip gemeinsam geteilter Werte, nämlich konkret der Rechtsstaatlichkeit, es einem Mitgliedsstaat verbiete, Asylsuchende darauf zu verweisen, in einem anderen Mitgliedsstaat die dortige Rechtsordnung zu missachten.

Dublin-Verfahren usw.

In Anerkannten-Fällen keine Rückkehr als Familienverband anzunehmen

Der Verwaltungsgerichtshof München hält in seinem Urteil vom 4. März 2024 (Az. 24 B 22.30376) nichts davon, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückkehr als Familienverband auf Anerkannten-Fälle anzuwenden, d.h. auf solche Fälle, in denen in einem anderen EU-Mitgliedstaat Schutzberechtigte in Deutschland einen weiteren Asylantrag gestellt haben. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts finde nur bei der Prüfung von nationalen Abschiebungsverboten in den Herkunftsstaat Anwendung und sei weder auf die Prüfung nach Art. 4 GRCh i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG noch auf die Prüfung eines nationalen Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich eines schutzgewährenden EU-Mitgliedstaats zu übertragen. Daher seien in eine Gefahrenprognose in personeller Hinsicht grundsätzlich nur die Adressaten der Unzulässigkeitsentscheidung einzustellen, nicht aber deren Familienangehörige, denen in der Bundesrepublik ein Schutzstatus zuerkannt, zu deren Gunsten nationaler Abschiebungsschutz festgestellt oder deren Aufenthalt aus anderen Gründen derzeit erlaubt sei. In gleicher Weise sei die Prognose vorzunehmen, wenn anlässlich einer Unzulässigkeitsentscheidung das Vorliegen eines nationalen Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich des schutzgewährenden Mitgliedstaats geprüft werde.

Außerdem erfasse eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 3 der EU-Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG wegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Rückführungsrichtlinie auch Abschiebungsandrohungen, die nach § 35 AsylG einen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zielstaat nennen würden. Entsprechend diene die Änderung des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG durch das Rückführungsverbesserungsgesetz auch der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie, so dass bei dessen Auslegung die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 5 Rückführungsrichtlinie zu beachten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision in dem Verfahren gleich zweimal zugelassen: Zum einen als Tatsachenrevision gemäß § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG, weil er im Rahmen der Überprüfung der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der Beurteilung der allgemeinen abschiebungsrelevanten Lage in Italien von deren Beurteilung durch das Oberverwaltungsgericht Münster (siehe dessen Urteil vom 20. Juli 2021, Az. 11 A 1674/20.A) abweicht. Zum anderen wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zwei Fragen, ob für die Prognose des Bestehens der ernsthaften Gefahr einer Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh im Rahmen einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG davon auszugehen sei, dass nur der oder die Adressaten einer Unzulässigkeitsentscheidung, nicht aber darüber hinaus die Rückkehr weiterer Mitglieder einer im Bundesgebiet in familiärer Gemeinschaft lebenden Kernfamilie anzunehmen sei, und ob bei der Prüfung eines nationalen Abschiebungsverbots für die Prognose der bei einer Rückkehr drohenden Gefahren davon auszugehen sei, dass eine im Bundesgebiet in familiärer Gemeinschaft lebende Kernfamilie im Familienverband in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zurückkehren werde, obwohl diese Familienmitglieder über eine Aufenthaltserlaubnis für das Bundesgebiet verfügten.

Asylverfahrensrecht

Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zum Schutz des Familienlebens

Mit einem bunten Strauß aktueller asylverfahrensrechtlicher Probleme beschäftigt sich das Verwaltungsgericht München in seinem Gerichtsbescheid vom 6. März 2024 (Az. M 10 K 24.30366) im Kontext der Wahrung von Familieneinheit nach Abschluss eines Asylverfahrens. Aus Europarecht ergebe sich zwar kein Grundsatz, wonach der Schutz des Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG begründen könne, weil sich das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung von nationalem Recht nur auf solches nationales Recht erstrecke, das von Europarecht determiniert bzw. erfasst sei, was bei § 60 Abs. 5 AufenthG nicht der Fall sei. Zur Gewährleistung des Schutzes des Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK folge jedoch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Februar 2023 (Rs. C‑484/22) ein Anspruch auf das Wiederaufgreifen eines Asylverfahrens in Hinblick auf die Aufhebung von Abschiebungsandrohungen sowie der hieran anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbote.

In zeitlicher Hinsicht dürfte dabei zum einen auf allgemeiner Ebene die tradierte Einschätzung, dass Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union per se keine Änderung der Rechtslage begründen könnten, wegen des Urteils des Gerichtshofs vom 8. Februar 2024 (Rs. C-216/22) wohl nicht mehr uneingeschränkt zutreffen (siehe dazu HRRF-Newsletter Nr. 131). Zum anderen stelle jedenfalls der seit dem 27. Februar 2024 geltende § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. eine Rechtslagenänderung dar, die im Kontext des Wiederaufgreifens eines Asylverfahrens zu berücksichtigen sei.

In Hinblick auf die alternative Möglichkeit, statt eines Wiederaufgreifen des Asylverfahrens bei der zuständigen Ausländerbehörde eine Duldung aus Rechtsgründen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG) wegen eines inländischen Abschiebungshindernisses geltend zu machen, sei eine Duldung schon begriffsmäßig nur eine befristete Aussetzung der Abschiebung, welche die Ausreisepflicht des Ausländers unberührt lasse, während mit einem Wiederaufgreifensantrag im Erfolgsfall die Ausreisepflicht insgesamt beseitigt werden könnte. Dabei sei eine „Duldung ohne Ausreisepflicht“, die sonst wohl nur als Folge einer Titelversagung in Fällen des § 25 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 AufenthG bzw. § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ohne gleichzeitiges Vorliegen einer anderweitigen Rückkehrentscheidung vorkommen dürfte, zwar statusmäßig nicht per se höherwertiger als eine „Duldung mit Ausreisepflicht“, bringe aber eben doch einige weitere Vorteile mit sich. So wären bei einer Aufhebung der Abschiebungsandrohung nicht nur das hieran anknüpfende Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben, sondern auch bestimmte ordnungsrechtliche Verfügungen bzw. Beschränkungen dann nicht mehr möglich.

Ein auf die Aufhebung der Abschiebungsandrohung und der hieran anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbote gerichteter Wiederaufgreifensantrag sei auch nicht unzulässig. Es sei zwar richtig, dass nach der Vorstellung des Rückführungsverbesserungsgesetzes mit der neu geschaffenen Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG weiterhin zwischen der asyl- und ausländerrechtlichen Prüfzuständigkeit differenziert werden solle und hinsichtlich bestandskräftiger Altfälle die Ausländerbehörden als „sachnäher“ als das Bundesamt betrachtet würden. Eine trennscharfe Aufteilung zwischen asyl- und ausländerrechtlicher Zuständigkeit im neu geschaffenen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG sei für bestandskräftige Altfälle jedoch nicht ausreichend abgesichert worden und es existiere auch keine Übergangsregelung. Es spreche daher manches dafür, dass der Verzicht des Gesetzgebers auf Aufnahme einer Übergangsregelung zu § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. für bestandskräftige Altfälle sehenden Auges die Möglichkeit von Betroffenen in Kauf nehme, Wiederaufgreifensanträge an das Bundesamt mit dem Ziel stellen zu können, die vorgesehene Befassung der Ausländerbehörden im Kontext des § 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AufenthG zu umgehen.

Es bestehe eher das praktische Problem, dass Betroffene einer bestandskräftigen Abschiebungsandrohung nicht nur alternativ, sondern auch kumulativ im Weg der Geltendmachung eines Duldungsanspruchs bei der zuständigen Ausländerbehörde und beim Bundesamt im Weg des Wiederaufgreifens des Verfahrens nachträglich inlandsbezogene Sachverhalte geltend machen könnten. Da aber nach allem der Rückgriff auf die allgemeinen Regeln in § 51 VwVfG vom Gesetzgeber in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG n.F. mangels Aufnahme einer Übergangsregelung für bestandskräftige Altfälle nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sei, könne Betroffenen die Zulässigkeit eines Wiederaufgreifensantrags nicht mit dem Einwand abgesprochen werden, die Ausländerbehörden seien die sachnähere Behörde.

Asylverfahrensrecht

Auch bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Prozesskostenhilfe nur bei Erfolgsaussicht

Auch im Fall eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings sind die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung im Prozesskostenhilfeverfahren zu prüfen, sagt das Verwaltungsgericht Weimar in seinem Beschluss vom 9. Februar 2024 (Az. 2 K 911/23 We). Weder aus Art. 25 EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU und Art. 47 GRCh noch aus der UN-Kinderrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention sei ein Anspruch unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge auf unentgeltliche Rechtsberatung unabhängig von den Erfolgsaussichten ihrer Asylanträge abzuleiten.

Asylverfahrensrecht

Keine isolierte Aufhebung der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes

Das Verwaltungsgericht Hamburg führt in seinem Gerichtsbescheid vom 15. Februar 2024 (Az. 5 A 5303/23) aus, dass die Rechtsordnung keine isolierte Aufhebung der Bestandskraft eines Verwaltungsaktes kennt. Eine Bestandskraftmitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge an eine Ausländerbehörde und ihre nachträgliche Aufhebung seien lediglich Wissenserklärungen; wenn das Bundesamt in einem solchen Schreiben formuliere, dass eine „bereits mitgeteilte Bestandskraft aufgehoben“ werde, sei damit ersichtlich lediglich gemeint, dass eine vorherige Bestandskraftmitteilung aufgehoben werden solle.

Aufenthaltsrecht

Maßregel ist keine Freiheitsstrafe

Eine Unterbringung als Maßregel der Besserung und Sicherung ist keine Freiheitsstrafe im Sinne von § 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG und kann die Anerkennung als Flüchtling darum nicht verhindern, sagt das Verwaltungsgericht Kassel in seinem Urteil vom 16. Februar 2024 (Az. 1 K 1417/21.KS.A). Der Begriff der Freiheitsstrafe sei „technisch“ im Sinne der §§ 38, 39 StGB zu verstehen, und wenngleich die Unterbringung nach § 63 StGB aufgrund eines Sicherungsverfahrens aus laienhafter Perspektive in ihrer faktischen Bedeutung für den Betroffenen vergleichbare Auswirkungen haben möge wie eine Freiheitsstrafe, werde sie nicht von dem Begriff der Freiheitsstrafe in § 60 Abs. 8 S. 1 Alt. 2 AufenthG umfasst. Hätte der Gesetzgeber dies aufgrund der Zielrichtung der Ausschlussnorm beabsichtigt, wäre die Ergänzung des Tatbestandes um den Zusatz „oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist“ ohne Not möglich gewesen. Solche Hilfsformulierungen seien anderen Bundesgesetzen durchaus bekannt, von einer redaktionellen Ungenauigkeit könne derweil auch nicht ausgegangen werden, weil der Gesetzgeber die Art der vorausgesetzten Tat in der Entwicklungshistorie der Norm doch mehrmals angepasst habe.

Aufenthaltsbeendigung

Verstärkter Ausweisungsschutz für langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige

Der durch die Daueraufenthaltsrichtlinie 2003/109/EG gewährte Schutz von Drittstaatsangehörigen, die in einem EU-Mitgliedstaat langfristig aufenthaltsberechtigt sind, greift auch dann, wenn sich solche Drittstaatsangehörigen unter Verstoß gegen ein Einreiseverbot im Hoheitsgebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats aufhalten und dort auch keinen Aufenthaltstitel nach Kapitel III der Richtlinie beantragt haben, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. März 2024 (Rs. C-752/22). Daraus folge, dass sich auch solche Drittstaatsangehörigen auf den verstärkten Ausweisungsschutz aus Art. 12 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie berufen könnten.

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