Asylverfahrensrecht
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Vor Offensichtlichkeitsurteil wohlwollendste Betrachtung
Die Ablehnung eines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet wegen des Vorbringens lediglich belangloser Umstände gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG kommt nur in Frage, wenn sich die Ablehnung des Antrags gerade aufdrängt, meint das Verwaltungsgericht Köln in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2024 (Az. 22 L 1987/24.A). Der Substantiierungsmangel…
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Noch ein Vorabentscheidungsverfahren zu sicheren Herkunftsstaaten
Das hat ja nicht lange gedauert: Das Tribunale di Bologna hat mit Beschluss vom 25. Oktober 2024 (Az. 14572/2024) ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof initiiert, um die Europarechtskonformität des Gesetzesdekrets der italienischen Regierung vom 23. Oktober 2024 prüfen zu lassen, in dem die Liste der nach italienischem Recht sicheren Herkunftsstaaten aktualisiert worden war. Das Gesetzesdekret…
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Bei inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen doch Beschwerdeausschluss
Der Verwaltungsgerichtshof München gibt seine bisherige Rechtsprechung auf und meint in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2024 (Az. 10 CE 24.1526, 10 C 24.1527) nun, dass die Beschwerde nach § 146 Abs. 1 und 4 VwGO gemäß § 80 AsylG n.F. doch ausgeschlossen ist, wenn sich ein Antragsteller mit seinem Eilrechtsschutzbegehren unter Berufung auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne…
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Einstweilen keine Asylverfahren in Albanien
In einer Pressemitteilung vom 18. Oktober 2024 berichtet das Tribunale Ordinario (Zivilgericht) in Rom über seine Entscheidung vom selben Tag, die Rückholung von zwölf Schutzsuchenden nach Italien anzuordnen, die zuvor von der italienischen Regierung in das von ihr errichtete Migrationszentrum in Albanien verbracht worden waren. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Herkunftsländer der…
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Keine vorschnelle Annahme missbräuchlicher Folgeantragstellung
Das Verwaltungsgericht Köln geht in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2024 (Az. 27 L 2017/24.A) ausführlich auf die Voraussetzungen ein, unter denen gemäß § 71 Abs. 5 AsylG von einer „missbräuchlichen“ Folgeantragstellung auszugehen ist. Es sei nicht ausreichend, dass ein Folgeantrag kurz vor einer bevorstehenden Abschiebung gestellt wurde, vielmehr müsse er „nur“ aus missbräuchlichen Gründen gestellt werden.…
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Kein Zweitantrag ohne erste inhaltliche Prüfung
Im Sinne von § 71a AsylG erfolglos abgeschlossen ist ein Asylverfahren nur, wenn durch den sicheren Drittstaat eine vollständige Prüfung des internationalen Schutzes vorgenommen wurde, sagt das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2024 (Az. 29 L 2628/24.A). In dem Verfahren war ein in Griechenland gestellter Asylantrag dort als unzulässig abgelehnt worden, das Bundesamt…
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Sicherer Herkunftsstaat: Ganz oder gar nicht
Ein Herkunftsstaat darf nur dann als sicherer Herkunftsstaat im Sinne von Art. 37 der EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU angesehen werden, wenn sein gesamtes Hoheitsgebiet die in Anhang I zur Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Oktober 2024 (Rs. C-406/22). Außerdem müsse in einem gerichtlichen Verfahren von Amts wegen geprüft werden, ob…
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Zugang zum Asylverfahren trotz sicheren Drittstaats
Ein EU-Staat darf einen Drittstaat außerhalb der Europäischen Union auch dann grundsätzlich als sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 38 der EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU betrachten, wenn der Drittstaat Schutzsuchende trotz einer rechtlichen Verpflichtung faktisch nicht zurücknimmt, sagt der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. Oktober 2024 (Rs. C-134/23), weil es gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie nämlich…
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Kein Vernichten von Identitäts- oder Reisedokumenten bei feststehender Identität
Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG liegt ein Fall der offensichtlichen Unbegründetheit nur dann vor, sagt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem Beschluss vom 23. September 2024 (Az. 19a L 1394/24.A), wenn ein Identitäts- oder ein Reisedokument, das die Feststellung der Identität oder Staatsangehörigkeit des Asylsuchenden „ermöglicht hätte“, vernichtet worden ist. Daraus folge,…
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Grundrechtsverstoß bei Unkenntnis anhängiger Vorabentscheidungsverfahren
Es verstößt gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, wenn ein Verwaltungsgericht eine entscheidungserhebliche unionsrechtliche Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den Europäischen Gerichtshof erfordert, im Eilverfahren bei der Prüfung der Erfolgsaussichten nicht berücksichtigt, sagt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 13. August…