Europäisches Recht steht der Abschiebung von in einem anderen Mitgliedsstaat anerkannten Schutzberechtigten in den Herkunftsstaat nicht entgegen, wenn diese in einem zweiten Mitgliedsstaat internationalen Schutz beantragt haben, dieser den Antrag nicht als unzulässig ablehnen konnte, weil im ersten Mitgliedsstaat die Gefahr einer Art. 4 GRCh widersprechenden Behandlung bestand und die Prüfung durch den zweiten Mitgliedsstaat ergeben hat, dass ein Anspruch auf internationalen Schutz nicht besteht, meint das Verwaltungsgericht Hamburg in seinem Urteil vom 29. November 2024 (Az. 8 A 2694/23). Die beiden Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juni 2024 (Rs. C-352/22 und C-753/22, siehe dazu ausführlich HRRF-Newsletter Nr. 150) stünden dem nicht entgegen.
Soweit in der Literatur unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil in der Rs. C-352/22 gefordert werde, dass der zweite Mitgliedstaat vor einer Abschiebung zunächst den ersten Mitgliedsstaat bitten müsse, eine Entscheidung über die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft zu treffen, so überzeuge das nicht. Der Schutzsuchende habe im Fall einer Ablehnung durch den zweiten Mitgliedsstaat etwa in aller Regel noch die Möglichkeit, in den ersten Mitgliedsstaat zurückzukehren und dessen Schutz in Anspruch zu nehmen, wenn er diesen für „werthaltig“ erachte. Sofern diese Möglichkeit nicht bestehe, weil der rechtlich gewährte Schutz durch den ersten Mitgliedsstaat für den Berechtigten aufgrund der Aufnahmebedingungen vollständig wertlos sei, werde ihm nicht durch die Abschiebung seitens des zweiten Mitgliedsstaates faktisch der Schutz durch den ersten Mitgliedsstaat entzogen.